Ein verlorener Krieg am Hindukusch

Kommt keine politische Lösung in Afghanistan, so sind die Russen schuld - sagt man in Washington

  • René Heilig
  • Lesedauer: 3 Min.

Für den Antrag der Bundesregierung votierten im Bundestag damals 538 Abgeordnete, alle 35 Abgeordneten der PDS stimmten dagegen. Acht Parlamentarier enthielten sich der Stimme. Auch die Grünen stimmten relativ geschlossen für den Einsatz. Das war Ende 2001. Die Bundesregierung hatte auf eine schnelle Entscheidung noch vor Weihnachten gedrängt, da die Übergangsregierung in Kabul ihre Arbeit aufnahm. Mit einer Schutztruppe, für die Deutschland 1200 Soldaten stellte, wollte die NATO den Prozess der Vertrauensbildung zwischen den ehemaligen Bürgerkriegsparteien abzusichern. So jedenfalls erklärte das der damalige Bundesaußenminister Joschka Fischer (Grüne).

17 Jahre später stimmte der Bundestag mit Mehrheit für ein Mandat, das die Entsendung von bis zu 1300 Soldatinnen und Soldaten nach Afghanistan erlaubt. Trotz vieler Fortschritte, so heißt es im Antrag der Bundesregierung, sei die Lage dort immer noch geprägt von einer schwierigen, wenn auch regional unterschiedlichen Sicherheitslage, einer nicht in allen Landesteilen handlungsfähigen Regierung, Armut in breiten Schichten der Bevölkerung sowie einem durch konkurrierende Interessen gekennzeichneten regionalen Umfeld. Zudem haben sich in den letzten Jahren regionale Rahmenbedingungen verändert. Das Vorgehen des Islamischen Staates (IS) in Irak und Syrien inspirierte militante Gruppen in Afghanistan zur Nachahmung und zu einer Reihe blutiger Anschläge in seinem Namen. Und damit keine falschen Erwartungen aufkommen, betonte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen bei ihren Truppenbesuch am Wochenende, dass ein Ende des Afghanistan-Einsatzes nicht in Sicht ist. Wofür also ist Hauptfeldwebel Tobias Lagenstein - wie es beim Militär so verlogen heißt - gefallen? Will die Bundeswehr tatsächlich ihre Traditionen auf vor allem politisch fehlgeschlagene Einsätze gründen?

Von der Leyen hat die afghanische Regierung aufgerufen, die Reformen und die Aussöhnung mit den radikalislamischen Taliban voranzutreiben. Sie lobte die Bereitschaft von Präsident Ghani zu Friedensgesprächen und wünschte sich mehr Fortschritte. Die Menschen im Land müssten merken, dass die Regierung Reformen umsetze.

Darüber, wie der Westen die afghanische Regierung in den kommenden Jahren unterstützen will, gibt es keine Einigkeit. US-Präsident Donald Trump verstärkt massiv die Truppen. Durch verstärkte massive Angriffe versuchen die USA, Taliban-Gruppen an den Verhandlungstisch zu zwingen. Die sind sich ihres zunehmenden Einflusses im Land durchaus bewusst und wollen mit den USA direkt und auf Augenhöhe verhandeln. Was Washington natürlich verweigert.

Falls Versuche zu einer politischen Lösung zu kommen, nicht fruchten, so hat die Trump-Administration bereits einen Schuldigen ausgemacht: Russland. Moskau, so empört man sich, unterstützte die Taliban über Geheimdienstkanäle. Was Moskau auch nicht abstreitet. Offen erklärt man, so die weitere Ausbreitung des IS in Afghanistan und Zentralasien verhindern zu wollen. Schließlich sei einem das russische Hemd näher als der amerikanische Rock.

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