Ein Unbekannter soll Frankreichs Sozialdemokraten retten

Olivier Faure ist der neue Parteivorsitzende der Sozialisten in Frankreich

  • Ralf Klingsieck, Paris
  • Lesedauer: 2 Min.

In ihren besten Zeiten zählte die Sozialistische Partei Frankreichs, die PS, 280.000 Mitglieder. Heute sollen es noch 102.000 sein, doch wie viele davon »Karteileichen« sind, kann oder will niemand sagen. Jedenfalls votierten nur 37.014, als am 16. März unter vier Kandidaten der künftige Parteivorsitzende gewählt werden sollte. Am Donnerstag fand die Stichwahl unter den beiden Bestplatzierten statt, aber die war nur noch Formsache. Ex-Minister Stéphane Le Foll hatte sich schon Stunden nach der ersten Runde, in der er mit weitem Abstand auf dem zweiten Platz landete, zurückgezogen.

Somit stand der neue Parteivorsitzende bereits fest. Er heißt Olivier Faure und ist nicht nur für die breite Öffentlichkeit ein »unbeschriebenes Blatt«, sondern war bisher selbst in der eigenen Partei kaum bekannt. Dass er in seinem Programm einen »Neuanfang für Frankreichs Sozialisten« skizziert, den er mit neuen Leuten einleiten will, brachte ihm gleich im ersten Wahlgang 48,56 Prozent der Stimmen ein. Dabei ist Faure alles andere als ein charismatischer Volkstribun. Er will keine Abrechnung mit der Vergangenheit, die mit nur 6,36 Prozent für den PS-Kandidaten Benoît Hamon bei der Präsidentschaftswahl 2017 einen Tiefpunkt in der Geschichte der Partei brachte, sondern »nach vorn blicken«. Die Partei muss nach seiner Überzeugung »vom Keller bis zum Dachboden gründlich erneuert« werden.

Das ist tatsächlich dringend nötig, soll die PS nicht ganz aus der politischen Landschaft verschwinden. Dieser Tage trennte sich die PS-Jugendorganisation komplett von der Partei und schloss sich Hamon an, der 2017 ausgetreten war.

Die Scherben muss Olivier Faure nun kitten. Der 1968 geborene Jurist, der in Orléans und Paris studiert hat und mit 16 Jahren in die PS eingetreten ist, war zunächst Kommunalpolitiker, dann Berater der PS-Arbeitsministerin Martine Aubry und später Kabinettschef des Parteivorsitzenden François Hollande, bevor er 2012 Parlamentsabgeordneter und 2013 Fraktionsvorsitzender in der Nationalversammlung wurde. Sein neues Amt tritt er mit dem Parteitag am 7. und 8. April an.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal