Der FC Bayern will erst im Mai feiern

Münchener zum sechsten Mal in Serie Fußballmeister

  • Thomas Häberlein und Ruben Stark, Augsburg
  • Lesedauer: 3 Min.

Nein, sagte Jupp Heynckes kaum hörbar auf dem Weg zur Tür hinaus, »nein, gefeiert wird nicht«. Kurze Freude, ja, die erlaubte der Trainer des FC Bayern selbstverständlich, aber so richtig die Sau rauslassen, das wollen die Münchner erst am 26. Mai, nicht früher, wenn es denn geht. Die Meisterschaft ist klargemacht, bereits zum 28. Mal insgesamt und zum sechsten Mal nacheinander, aber: Die Trophäen im DFB-Pokal und vor allem in der Champions League sind ja auch noch zu vergeben.

So ging beinahe alles seinen gewohnten Gang. In der Kabine kreisten ein paar Sektflaschen, es wurde kurz laut, als die Spieler »campeones, campeones« sangen. Ansonsten sei es gewesen, »wie wenn jemand in der Kreisklasse aufsteigt, nur ein bisschen gedämpfter«, sagte Kapitän Thomas Müller mit einem Grinsen.

Was Heynckes seit dem 7. Oktober 2017 sagt, das wird gemacht. »Wir wollen weitermachen, wir wollen dranbleiben, wir wollen in den ausstehenden Wettbewerben ganz weit kommen. Wir haben schon das Gefühl, dass da was drin ist«, versicherte Müller nach dem 4:1 in Augsburg. »Der Hunger ist sehr groß. Wir haben noch ein bisschen was vor.«

Ein paar bemerkenswerte Szenen gab es freilich schon: Zunächst bildeten die Spieler ein Spalier vor der Ecke ihrer Anhänger - durch das sie Heynckes schreiten ließen. Danach umarmte der Trainer alle Spieler - und er setzte ein Zeichen: Aus der Mannschaft zog er Franck Ribery und Arjen Robben nach vorne, ließ sie feiern. Er habe, sagte er hernach, den beiden die »verdiente Anerkennung« verschaffen wollen.

Es gab am Samstag niemanden beim FC Bayern, der nicht auf den eigenartigen Saisonverlauf hinwies. »Als ich und Peter Hermann am 7. Oktober anfingen, haben wir überhaupt keinen Gedanken an die deutsche Meisterschaft verschwendet«, behauptete Heynckes. Fünf Punkte lagen die Münchner damals hinter Dortmund, was danach kam, bezeichnete Sportdirektor Hasan Salihamidzic als »große Leistung«.

Der Meistertitel, ja, der komme »selbstverständlich rüber - aber es war harte Arbeit«. Harte, seriöse Arbeit, vorgelebt von einem Trainer, der sich mit seinem Assistenten Hermann als Glücksfall erwiesen hat. Und der unaufgefordert über seinen nach sieben Spieltagen geschassten Vorgänger sprach. Carlo Ancelotti, so Heynckes, »hat aus meiner Sicht auch Anteil an der deutschen Meisterschaft. Er ist für mich ein Gentleman, ein absoluter europäischer Toptrainer, er hat meinen allergrößten Respekt«. Doch Mann der Saison ist Heynckes. »Jupp«, so Salihamidzic, »hat eine Riesenarbeit geleistet, er hat aus dem FC Bayern wieder das gemacht, was er sein muss«. Sandro Wagner sagte: »Der Spirit, den der Jupp Heynckes jeden Tag vorlebt, das ist ein Wahnsinn, das habe ich so noch nicht erlebt.«

Zuvor aber ließ sich der Meister zunächst fast überrennen von hyperaggressiven Augsburgern. Erst nach dem 0:1 durch ein Eigentor von Niklas Süle, dem Torhüter Sven Ulreich den Schuss von Sergio Cordova ins Gesicht gelenkt hatte, wurden die Münchner seriös. Corentin Tolisso, James, Arjen Robben und Wagner schossen die Bayern zum Titel. SID/nd

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