nd-aktuell.de / 10.04.2018 / Politik / Seite 6

Keine Friedenszeichen vor der Klausur

Das Bundeskabinett will bei einem Treffen in Meseberg die Schwerpunkte für dieses Jahr festlegen

Aert van Riel

Vor der am Dienstag beginnenden Kabinettsklausur im Schloss Meseberg könnte die Stimmung zwischen Union und SPD besser sein. Die Partner hatten nach der Bundestagswahl mehrere Monate gebraucht, um wieder zueinanderzufinden. Dann stritten sie sich in den ersten Wochen ihrer Regierungszeit erst einmal. Ein Anlass hierfür waren Pläne zum Familiennachzug für Geflüchtete mit eingeschränktem Schutz. Einige SPD-Politiker monierten, dass Innenminister Horst Seehofer zu strenge Kriterien für die Auswahl der bis zu 1000 Angehörigen einführen wolle, die laut Koalitionsvertrag monatlich nachgeholt werden dürfen. Entschieden ist aber noch nichts. Seehofers Gesetzesentwurf befindet sich in der Ressortabstimmung.

Der CSU-Chef hatte auch mit seiner Behauptung, dass der Islam nicht zu Deutschland gehöre, für Ärger mit der SPD gesorgt. Wenig begeistert waren die Sozialdemokraten zudem von überheblichen Aussagen des Gesundheitsministers Jens Spahn (CDU) über Hartz-IV-Betroffene. SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles warf den beiden Unionspolitikern »Eigenprofilierung« vor.

Ein Fortbestand der Koalition ist dadurch jedoch nicht gefährdet. Im brandenburgischen Meseberg wollen die Kabinettsmitglieder zwei Tage lang sachlich miteinander reden. Ihr Ziel ist, ein Arbeitsprogramm für das laufende Jahr vorzulegen. Dabei wird auch die Flüchtlingspolitik im Fokus stehen. Nach dem Willen von Seehofer sollen im Herbst die ersten Abschiebezentren in Betrieb gehen. Am Montag wurde bekannt, dass sein Ministerium außerdem plant, Dschihadisten mit einem Doppelpass die deutsche Staatsbürgerschaft zu entziehen. Neben Marokko, Tunesien und Algerien sollten auch Armenien sowie Georgien zu »sicheren Herkunftsstaaten« erklärt werden, um Geflüchtete aus diesen Ländern schneller abschieben zu können.

Ein weiterer Schwerpunkt der Klausur dürfte die Umweltpolitik sein. Die SPD fordert, dass ihre Umweltministerin Svenja Schulze gemeinsam mit Wirtschaftsressortchef Peter Altmaier (CDU) die Federführung für die Kommission »Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung« übernimmt, die dieses Jahr ein Enddatum für die Stromgewinnung aus Kohle festlegen soll.

Zudem will Schwarz-Rot darüber diskutieren, inwieweit die Autoindustrie nach den Abgasmanipulationen bei der Nachrüstung von Dieselfahrzeugen in die Pflicht genommen werden soll. Nach einem Bericht des »Spiegels« überlegt die Bundesregierung, zumindest einen Teil der Dieselflotte wirksam nachrüsten zu lassen. Dazu werde geprüft, ob Autokonzerne fünf Milliarden Euro in einen Fonds einzahlen sollen. Die Regierung würde Geld zuschießen. Ministeriumssprecher äußerten sich hierzu zurückhaltend. Aus Sicht der Autoindustrie reichen Software-Updates aus, mit denen der Schadstoffausstoß von Dieselautos gesenkt werden soll. Technische Nachrüstungen werden abgelehnt, weil diese sehr komplex seien.

Als Gäste werden in Meseberg Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer und DGB-Chef Reiner Hoffmann erwartet, mit denen die Kabinettsmitglieder über die Arbeits- und Sozialpolitik reden wollen. Zu den Themen Militär- und Europapolitik wurden NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg und EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker eingeladen.