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  • Nazi-Aufmarsch in Dortmund

Roter Teppich für Neonazis

600 Mitglieder der radikalen Rechten aus ganz Europa demonstrieren - Polizei lässt antifaschistische Blockaden nicht zu und behindert Protest

  • Sebastian Weiermann
  • Lesedauer: 3 Min.

Dortmund kennt Aufmärsche von Neonazis. Seit etwa 15 Jahren erlebt die Ruhrgebietsmetropole jedes Jahr einen größeren Auflauf der Rechten. Zu Spitzenzeiten kamen deutlich über 1.000 Hitler-Fans nach Dortmund. Mit 600 Teilnehmern gehörte der Aufmarsch am Samstag also eher zu den Kleineren. Trotzdem war er ein voller Erfolg für die Rechten. Die Teilnehmer konnten auf einer Route durch die Innenstadt laufen, Hunderte schwarz-weiß-rote Fahnen wehten und Redner aus sechs europäischen Ländern verbreiteten mehr oder weniger offen antisemitische Hetze und Rassismus.

Am deutlichsten wurde dabei ein Redner vom »Bulgarischen Nationalbund«. Er davon sprach, dass in Europa seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs »dunkle Mächte« herrschten, die Europa in ein »Konzentrationslager« verwandelt hätten, um »die völkische Identität« zu zerstören. Solche und ähnliche Reden konnten von der Polizei unbehelligt gehalten werden. Viel besser kann ein Tag für die radikale Rechte kaum laufen.

Immerhin waren die Neonazis aber die kleinste Gruppe, die am Samstag auf der Straße war. An einer von DGB, Kirchen und Parteien organisierten Gegendemonstration nahmen 1.500 Menschen teil. In Sichtweite zu den Rechten zeigten sie mit dem Werfen von buntem Pulver, dass Dortmund bunt sein soll. Diese Demonstration verlief ohne Störungen.

Größere Probleme hatten die rund 2.000 autonomen Antifaschisten und das Blockadebündnis »BlockaDO«. Ihr Ziel war es, sich den Nazis direkt in den Weg zu stellen und den Aufmarsch zu blockieren. Das war am Samstag allerdings unmöglich. Die Polizei hatte Beamte aus ganz Deutschland im Einsatz, die Wegstrecke war gesäumt von Wasserwerfern, die fast immer in Richtung der Nazigegner zeigten.

Iris Bernert-Leushacke vom Bündnis »BlockaDO« kritisiert den Polizeieinsatz: »Eine unserer Kundgebungen, die direkt an der Nazi-Route sein sollte, wurde von der Polizei verlegt und viele Antifaschisten wurden an Sperrgittern abgewiesen, als sie zum Protest wollten.« Das Bündnis berichtet außerdem, dass in einem Park am Rande des Aufmarsches eine Reiterstaffel in Gegendemonstranten geritten ist, dabei soll mindestens eine Person verletzt worden sein.

Die Nazigegner ziehen ein gemischtes Fazit aus dem Tag. Eine Blockade der Rechten war nicht möglich. »Wir hatten von vornherein wenig Hoffnung, den Aufmarsch komplett blockieren zu können. Daher haben wir uns schon früh darauf konzentriert, mobil zu bleiben und Dynamik in eine sonst statische Situation zu bringen, in der Nazis hermetisch abgeriegelt durch gespenstisch ruhige Viertel ziehen«, so Lara Schwarz, vom »AK1404«, einem Zusammenschluss aus dem Antifa-Spektrum.

Lesen Sie auch: Dortmund hat eine gefestigte Neonazi-Szene – mit internationalen Verbindungen.

Auch »BlockaDO«-Sprecherin Bernert-Leushacke beurteilt die Lage ähnlich: »Sehr viele Menschen haben sich unseren Aktionen angeschlossen, die das Ziel hatten, sich den Nazis direkt zu widersetzen. Das ist gut, darauf können wir für die Zukunft aufbauen.«

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