Zynisches Angebot

Wolfgang Hübner über die Rufe nach Rückkehr zur Diplomatie

Manchmal geht es bei Angela Merkel ziemlich schnell. Deutschland werde sich an militärischen Aktionen nicht beteiligen, hatte die Kanzlerin zu den Drohungen des US-Präsidenten in Richtung Syrien erklärt. Immerhin, möchte man sagen, denn anderen deutschen Politikern wäre eine Unterstützung des Angriffs auf vermeintliche syrische Giftgaslabore lieber gewesen.

Dass Deutschland sich zurückgehalten hat, könnte diplomatische Möglichkeiten eröffnen. Doch den Druck machen derzeit andere. Allen voran Frankreichs Präsident, dessen widersprüchliche Betriebsamkeit - heute schießen, morgen verhandeln, zack zack - an Louis de Funès erinnert. Emmanuel Macron ist dabei, sich als weltpolitisches Alphatier zu profilieren; der unberechenbare Donald Trump lässt da genügend Freiraum. Dass Macron jetzt, kaum sind die Rauchwolken über den Raketeneinschlägen verweht, zu Gesprächen aufruft, dokumentiert einen ausgewachsenen Zynismus. Solche Gespräche können nicht erfolgversprechend verlaufen, wenn über ihnen unausgesprochen die Drohung eines nächsten Angriffs schwebt.

Vielleicht ist es im Zuge des jahrelangen Propagandakriegs in Vergessenheit geraten: Egal, wie man zu Präsident Assad steht - Syrien ist noch immer ein souveräner Staat und kein Abenteuerspielplatz für allerhand Groß- und Mittelmächte. Wer wirklich eine diplomatische Lösung will, darf die Verhandlungspartner - und hier vor allem Russland - nicht brachial brüskieren.

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