Initiative ruft zu Protest gegen Neonazifestival auf

»Rechts rockt nicht«-Sprecherin sieht keine Legitimation als politische Versammlung / 2500 bis 3500 Rechte erwartet

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Leipzig. Die Initiative »Rechts rockt nicht« hat zu Protesten gegen das geplante Neonazifestival im ostsächsischen Ostritz aufgerufen. »Wir dürfen den Rechtsextremen weder die Oberlausitz noch andere Regionen überlassen«, erklärte die Sprecherin der Initiative, Sascha Elser. Dies sei ein bundesweites Problem. »Deshalb rufen wir zur Gegenwehr auf.«

Am Freitag und Samstag wollen sich Neonazis in Ostritz an der Grenze zu Polen zu einem Festival unter dem Namen »Schild und Schwert« treffen. Dort sollen unter anderem Bands der militanten Rechtsrockszene und NPD-Redner wie der frühere Bundesvorsitzende Udo Voigt auftreten. Angemeldet wurde die Veranstaltung vom Thüringer NPD-Landesvorsitzenden Thorsten Heise. An beiden Tagen erwarten die Veranstalter rund 750 Besucher.

Die Initiative »Rechts rockt nicht« rechnet Elser zufolge dagegen mit 2500 bis 3500 Teilnehmern. Auch Nazis aus Polen und Tschechien würden in Ostritz erwartet.

Von der Linkspartei und dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) wurden insgesamt vier Gegenveranstaltungen angemeldet. Parallel dazu findet in Ostritz ein Friedensfest statt, dessen Schirmherr Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) ist. Damit will die Kommune ein »Zeichen setzen für das Engagement der bürgerlichen Mitte, für Weltoffenheit, für Toleranz und Frieden«.

Nach Einschätzung von linken Aktivisten nutzen die extrem Rechten Musikfestivals, um sich zu vernetzen, aber auch als kommerzielle Veranstaltung, um ihre Strukturen zu finanzieren. »Aus unserer Sicht hat das Neonazifestival keine Legitimation als politische Versammlung«, sagte Elser.

Zuletzt hatten sich im Sommer 2017 im thüringischen Themar bis zu 6000 Menschen bei einem Rechtsrockkonzert getroffen. Das war die bis dahin größte Musikveranstaltung von Neonazis in Deutschland. Kritiker forderten damals, Rechtsrockkonzerte nicht mehr als politische Demonstrationen einzustufen, die unter die Versammlungsfreiheit fallen.

Im Fall Ostritz verweisen die Polizei und das Landratsamt Görlitz als Versammlungsbehörde auf das Grundgesetz, wonach sich jeder friedlich und ohne Waffen unter freiem Himmel versammeln dürfe. Auch in der sächsischen Verfassung ist demnach geregelt, dass alle das Recht haben, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln. Das Versammlungsrecht ist seit der Föderalismusreform von 2006 Ländersache.

Die Polizei rechnet über das Wochenende mit dem größten Einsatz in Ostsachsen in den vergangenen zehn Jahren. Es werden mehrere Hundertschaften auch aus anderen Bundesländern im Einsatz sein.

Bereits vor zwei Wochen hatten sich 40 Bürgermeister aus der Region in einer gemeinsamen Erklärung gegen das Festival positioniert. Sie wandten sich klar »gegen eine Etablierung neuer rechtsextremer Strukturen in der Oberlausitz«. Wer Menschenrechte in Frage stelle und die Demokratie bekämpfe, »der ist hier nicht willkommen«, hieß es.

In Ostsachsen besteht nach Einschätzung des Kulturbüros Sachsen eine langjährige Kontinuität organisierter neonazistischer Strukturen. Die Region blicke »auf eine lange rechtsextreme Geschichte zurück«, die sich »an unterschiedliche Punkten festmachen lässt«. So gebe es in den Landkreisen Görlitz und Bautzen neonazistische Organisationen, die zum Teil bereits seit den 1990er Jahren aktiv seien. Der Nationale Jugendblock Zittau etwa habe 2017 sein 25-jähriges Bestehen mit einem Konzert in seinen Vereinsräumen gefeiert. Zudem bestehe die Organisation »Schlesische Jungs« seit nunmehr 20 Jahren in Niesky. Sachsenweit existierten rund 60 Objekte, die regelmäßig von Neonazis genutzt würden, hieß es weiter. Agenturen/nd

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