Deutsche wünschen sich Globalisierung light

Bürger sehen wachsenden internationalen Handel positiv, haben aber Angst um die soziale Gerechtigkeit und Arbeitsplätze

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Berlin. Viele Deutsche bewerten Globalisierung und Freihandel zwar grundsätzlich positiv, wünschen sich aber dennoch mehr Schutz vor den negativen Folgen. In einer am Donnerstag von der Bertelsmann-Stiftung veröffentlichten Umfrage gaben 70 Prozent der Befragten an, dass sie den wachsenden internationalen Handel positiv sehen. Allerdings fühlt sich auch die Hälfte (52 Prozent) der Bürger von der Bundesregierung nicht ausreichend gegen negative Effekte der Globalisierung geschützt.

Eine Mehrheit von 57 Prozent der Befragten wünscht sich zudem mehr Schutz für die deutsche Wirtschaft vor ausländischen Wettbewerbern. Allerdings ist dieses Bedürfnis in anderen Ländern zum Teil noch deutlich stärker ausgeprägt: In Frankreich erhoffen sich 75 Prozent der Bürger mehr Schutz vor der internationalen Konkurrenz, in den USA 61 Prozent und in Großbritannien 59 Prozent.

Die Deutschen sorgen sich mit Blick auf den internationalen Handel vor allem um ihre Gehälter. Eine klare Mehrheit von 57 Prozent der Befragten glaubt nicht, dass die Globalisierung die Einkommen steigen lässt. Zugleich fürchten 55 Prozent eine steigende soziale Ungleichheit.

Beim Thema Arbeitsplatzsicherheit zeigen sich die Deutschen gespalten: 42 Prozent der Befragten fürchten, dass der internationale Handel darauf negativ wirken wird. Zugleich sehen 37 Prozent einen positiven Einfluss des globalen Warenverkehrs auf die Sicherheit des eigenen Arbeitsplatzes.

Die Sorgen ändern aber nichts an der grundsätzlich positiven Einstellung. Die Zustimmungsquote von 70 Prozent zum Welthandel liegt wieder deutlich höher als vor zwei Jahren. Im Jahr 2016 sahen nur 56 Prozent der Befragten den wachsenden internationalen Handel positiv, im Jahr 2014 waren es allerdings noch 88 Prozent. Jetzt geben zudem mehr als zwei Drittel der Deutschen an, dass Freihandel sowohl für ihr Land (71 Prozent) als auch für die deutschen Unternehmen (70 Prozent) gut oder sehr gut sei.

»Die Menschen wünschen sich eine Globalisierung mit Sicherheitsgurt«, sagte Aart De Geus, Vorstandsvorsitzender der Bertelsmann-Stiftung, zu den Ergebnissen. Auf dieses Bedürfnis dürften Politik und Wirtschaft aber nicht mit »protektionistischen Irrwegen« reagieren.

Die Diskussion um Protektionismus hatte in den vergangenen Jahren spätestens mit dem Amtsantritt von US-Präsident Donald Trump wieder an Schwung gewonnen. Es gibt Handelsstreitigkeiten, vor allem zwischen den beiden größten Volkswirtschaften USA und China.

Für die Umfrage befragte das Institut YouGov im Februar mehr als 14.000 Menschen in zwölf Ländern. In Deutschland nahmen rund 2000 Bürger an der Onlineumfrage teil. Der Vorsitzende der Bertelsmann-Stiftung, Aart De Geus, wertete die Umfrageergebnisse als Zeichen dafür, dass die Menschen »sich eine Globalisierung mit Sicherheitsgurt« wünschten. Auf dieses Schutzbedürfnis der Bürger sollten Politik und Wirtschaft aber nicht mit »protektionistischen Irrwegen« reagieren. Agenturen/nd

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