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  • Krankenhaus-Volksentscheid in Berlin

Pfleger und Sammler

Der Volksentscheid für Gesunde Krankenhäuser sammelt 25.000 Unterschriften

  • Maria Jordan
  • Lesedauer: 3 Min.

Keine drei Monate hat es gedauert, bis das Bündnis für mehr Krankenhauspersonal die Marke von 25 000 Unterstützerunterschriften geknackt hat. Damit ist die erste Stufe des Volksbegehrens für Gesunde Krankenhäuser so gut wie bereits genommen. »Wir bekommen bis zu 300 Unterschriften am Tag«, sagt Gabi Heise bei einer Pressekonferenz des Bündnisses am Donnerstag. Trotzdem will das Bündnis aus Beschäftigten, Patienten und der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di weiter Unterschriften sammeln und diese am 11. Juni an den Senat übergeben.

Ziel ist es, die Versorgungsqualität in Berliner Kliniken zu verbessern. Man will einen Gesetzentwurf durchsetzen, der mehr Personal in den Krankenhäusern und größere Investitionen des Landes Berlin in den Gesundheitsbereich vorsieht.

Forderungen des Bündnisses

Der Volksentscheid soll die Versorgungsqualität in Berliner Krankenhäusern erhöhen.

Der Gesetzentwurf für die Verbesserung der Patientensicherheit in Kliniken legt Mindestpersonalzahlen für Pflegekräfte und andere Berufsgruppen im Krankenhaus fest und ergänzt die Hygienevorschriften für Reinigungsfachkräfte.

Das Land Berlin soll eine Mindestquote von Investitionen in Personal, Ausbildung und bauliche Maßnahmen übernehmen.

Die Einhaltung von Qualitätsanforderungen und Personalvorgaben muss transparent sein. Werden die Ziele nicht erreicht, müssen entsprechende Kosequenzen festgelegt werden. mjo

Gabi Heise ist selbst Krankenpflegerin bei Vivantes und Mitglied im Betriebsrat. Täglich sieht und hört sie von den Folgen der Überlastung des Krankenhauspersonals - sowohl bei den Angestellten als auch bei den Patienten. »Du arbeitest wie in einem Hamsterrad. Trotzdem gehst du immer mit dem Gefühl nach Hause, deine Arbeit nicht gut genug gemacht zu haben. Weil keine Zeit da war für die Patienten und die Angehörigen«, sagt Heise. »Das ist es, was meine Kollegen krank macht.«

Das bestätigt auch Erika Hausotter, die selbst schon mehrfach in stationärer Behandlung war. »Die Patienten spüren, dass das Personal unter einem enormen Stress steht. Deshalb übernehmen teilweise Patienten Aufgaben, die eigentlich ein Pfleger machen müsste.« Oft werde nur unausgebildetes Personal, Praktikanten oder Azubis, in die Krankenzimmer geschickt, die dann wiederum das Anliegen der Patienten an die Pfleger weitergeben, erzählt Hausotter.

Ein weiteres Problem sei die Hygiene in den Zimmern. Hausotter berichtet, sie habe schon leere Bierflaschen vom Vorgänger in ihrem Schrank gefunden. Die Zimmer seien außerdem oft dreckig. »Mit einem ollen Lappen einmal schnell durch Zimmer und Bad zu fegen, ist keine Reinigung.« Dass daran nicht das Personal Schuld sei, wüsste sie. Die Forderung des Bündnisses nach mehr Personal gilt aus diesem Grund auch nicht nur für die Pflege-, sondern auch für die Reinigungskräfte.

Die Geschäftsführung von Vivantes erklärte indes in einem internen Newsletter, dass sie den Volksentscheid nicht für notwendig halte und wies darauf hin, dass Unterschriftensammlungen in ihren Häusern nicht geduldet werden. Die Reaktion stößt beim Bündnis auf Unverständnis. »Der Volksentscheid richtet sich nicht gegen die Geschäftsführung. Wir wollen die Qualität der Patientenversorgung verbessern«, sagt Heise. Gleichzeitig mit dem Start des Volksentscheids für Gesunde Krankenhäuser erklärte der Senat, dass er eine Bundesratsinitiative zur Entlastung des Pflegepersonals einbringen will. Darin finden sich Vorgaben für eine »bedarfsgerechten« Personalbemessung unter anderem auch in Rettungsstellen und Kreißsälen. Außerdem sollen die zusätzlichen Personalkosten nicht zu Lasten der Krankenhäuser fallen. Mit dem Beschluss des Papiers ist der Bundestag nun aufgefordert, sich der Sache anzunehmen.

Das Bündnis begrüßt die Initiative des Senats zwar, will aber trotzdem ihren Gesetzesentwurf auf Landesebene durchsetzen. Denn viele Fragen blieben unbeantwortet, zum Beispiel zum Thema Finanzierung. Auch sei nicht festgelegt, wie der Personalbedarf bemessen werde. »Die Initiative des Bundesrats ist nett, hat aber am Ende keine Konsequenzen«, sagt Anja Voigt, die seit 20 Jahren als Intensivpflegekraft im Vivantes Klinikum Neukölln arbeitet. »Wir fordern, dass die Länder aktiv werden.«

Die bisherigen Vereinbarungen der Bundesregierung nennt sie eine »Frechheit«. »Wir haben die Angst, dass sich die Lage in manchen Krankenhäusern dadurch sogar noch verschlechtert«, sagt Voigt. Die in dem Entwurf festgelegten Personaluntergrenzen seien nicht am tatsächlichen Bedarf festgemacht. »Dagegen wehren wir uns.«

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