Werbung

Bundesgerichtshof erlaubt Einsatz von Werbeblocker im Internet

Verlage müssen Verluste bei Werbeeinnahmen für Online-Zeitungen hinnehmen

  • Lesedauer: 2 Min.

Karlsruhe. Unerwünschte Werbung im Netz darf auch weiterhin automatisch unterdrückt werden. Der Einsatz von Werbeblockern ist nicht wettbewerbswidrig, wie der BGH in einem am Donnerstag in Karlsruhe verkündeten Urteil entschied. Verlage finanzieren ihre kostenlosen Online-Zeitungen mit Werbeeinnahmen und sehen in Werbeblockern eine Gefahr für ihr Geschäftsmodell (Az. I ZR 154/16)​.

Damit scheiterte die Klage des Axel Springer Verlags gegen den Vertreiber des Werbeblockers AdBlock Plus, die Eyeo GmbH. Das Programm unterdrückt automatisch Werbung, die von den Filterregeln erfasst wird und in einer sogenannten Blacklist enthalten ist. Unternehmen können sich von dieser Blockade aber freikaufen und ihre Werbung gegen Entgelt in eine sogenannte Whitelist aufnehmen lassen - falls diese Werbung verschiedene Anforderungen erfüllt und Eyeo am Umsatz der Werbung beteiligt wird.

Laut BGH verlangt Eyeo bei kleineren und mittleren Unternehmen für die Ausnahme von der automatischen Blockade keine Umsatzbeteiligung. Zudem können die Nutzer des Werbeblockers auch die in der Whitelist enthaltene Werbung blockieren, indem sie den in den Filtereinstellungen gesetzten Haken bei der Einstellung »Einige nicht aufdringliche Werbung zulassen« entfernen.

Dem Urteil zufolge behindert das Geschäftsmodell von Eyeo nicht das von Online-Zeitungen, die sich mit Werbung finanzieren, weil Eyeos Geschäftsmodell die Existenz der Online-Zeitungen voraussetzt. Zudem könnten sich die Verlage gegen Adblocker dadurch wehren, dass sie deren Nutzer von ihren Online-Angeboten aussperren.

Am Oberlandesgericht München waren bereits Klagen der »Süddeutschen Zeitung«, RTL Interactive sowie Pro Sieben Sat 1 Media gegen Eyeo gescheitert. Der Rechtsvertreter des Springer-Verlags, Cornelis Lehment, bezifferte den Umsatzausfall mit Werbung wegen AdBlock Plus bei den Online-Zeitungen »bild.de« und »welt.de« mit rund 20 Prozent im Jahr. AdBlock Plus werde weltweit bei über 100 Millionen Nutzern eingesetzt; in Deutschland seien es rund 15 Millionen, sagte Lehnert in Bezug auf frühere Zahlen von Eyeo.

Medienberichten zufolge sollen hinter Eyeo Investoren aus der Werbebranche stehen, die mit dem Werbeblocker ein eigenes Werbenetzwerk errichten wollen. Mit der Blockade und Freigabe per Zahlung solle versucht werden, das Werbegeschäft anderer zu übernehmen.

Der Springer-Verlag wird nun vor das Bundesverfassungsgericht ziehen. »Wir sehen im heutigen Urteil eine Verletzung der im Grundgesetz geschützten Pressefreiheit, weil Werbeblocker die Integrität von Onlinemedien und deren Finanzierung gezielt zerstören« erklärte der Medienrechtler des Verlags, Claas-Hendrik Soehring. Seiner Ansicht nach gefährden Adblockprogramme »die Qualität und Vielfalt von Informationsangeboten und verletzen damit auch die Interessen der Allgemeinheit«. AFP/nd

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal