nd-aktuell.de / 03.05.2018 / Gesund leben / Seite 10

Heilkraut vom Bachufer

Frische Brunnenkresse ist im Handel selten, der Eigenanbau empfehlenswert

Silke Kerscher-Hack

Die Echte Brunnenkresse ist eine beliebte Gewürzpflanze. Hinzu kommt, dass sie viele gesunde Inhaltsstoffe enthält. Nicht umsonst kürten Wissenschaftler der William Peterson University in New Jersey, USA, die Kresse mit dem botanischen Namen Nasturtium officinale zum gesündesten Lebensmittel. Brunnenkresse enthält neben den Vitaminen A, K, B1 und B2 sehr viel Vitamin C: Ganze 80 Milligramm sind in 100 Gramm der frischen Pflanze enthalten. Damit ist Brunnenkresse eines der Vitamin-C-reichsten Nahrungsmittel. Zudem versorgt sie den menschlichen Organismus mit Jod und den Mineralstoffen Eisen und Kalzium. Für den scharfen, rettichartigen Geschmack sind bestimmte, stechend riechende Stoffe, die sogenannten Senföle, verantwortlich. Sie wirken zum einem als natürliches Antibiotikum, indem sie das Wachstum verschiedener Bakterien hemmen, zum anderen regen sie die Verdauung sowie den Stoffwechsel an. Brunnenkresse ist daher ein gutes Mittel gegen Frühjahrsmüdigkeit. Neben diesen vielen positiven Wirkungen haben Senföle jedoch auch eine unerwünschte: Die scharfen Inhaltsstoffe reizen die Schleimhäute. Um Magenreizungen vorzubeugen, sollte man daher Brunnenkresse nicht in großen Mengen und nicht über längere Zeit verzehren.

Bereits die alten Griechen und Römer schätzten Brunnenkresse als Heil- und Gewürzpflanze. Im Mittelalter wurden ihr blutreinigende, harntreibende und wurmtötende Eigenschaften zugeschrieben. Die Empfehlung, sie für Frühjahrskuren oder als »Blutreinigungsmittel« zu verwenden, hält sich bis heute. In Form von Tees oder auch Presssäften lässt sich die Pflanze bei Verdauungsbeschwerden und Appetitlosigkeit anwenden. Wissenschaftlich belegt ist jedoch nur die schleimlösende Wirkung bei Katarrhen der oberen Atemwege.

Wegen der schleimhautreizenden Wirkung sollten Menschen mit Magen- und Darmgeschwüren sowie entzündlichen Nierenerkrankungen keine Arzneimittel oder Zubereitungen aus dieser Pflanze einnehmen. Für Kinder unter vier Jahren und Schwangere sind Medikamente aus Brunnenkresse ebenfalls nicht geeignet. Brunnenkresse verträgt sich zudem nicht mit einigen blutverdünnenden Medikamenten. Im Zweifel helfen Arzt oder Apotheker weiter.

Während man Brunnenkresse in Form von Tees, Presssäften oder Cremes in der Apotheke oder im Internet ohne Probleme kaufen kann, stellt die Beschaffung frischer Brunnenkresse häufig eine Herausforderung dar. Denn Supermärkte führen das krautige Gewächs nur selten. Manchmal wird man auf Wochenmärkten, im Baumarkt mit gut sortiertem Pflanzensortiment oder beim Gärtner fündig. Einfacher ist es oftmals, Brunnenkresse selbst anzubauen. Die Wasserpflanze lässt sich leicht im Garten neben einem Teich, auf der Fensterbank oder auf dem Balkon ziehen.

Wer Brunnenkresse nicht in seinem Garten angepflanzt hat, sondern diese lieber in der Natur sammeln möchte, findet das unscheinbare Gewächs an langsam fließenden Gewässern, sonnigen Bachufern, Wassergräben oder an klaren Quellen. Dort gedeiht die wintergrüne Pflanze das ganze Jahr. Je nach ihrem Standort variiert das Aussehen der Pflanze etwas. Der Sammler erkennt Brunnenkresse an ihren fleischigen, rundlich gefiederten Blättern, die an hohen Stängeln bis über die Wasseroberfläche wachsen. Die Blätter im Wasser sind normalerweise etwas größer, die Blätter an der Luft dagegen sind etwas kleiner und fünf- bis neunlappig. Die Triebe der Pflanze bilden über der Wasseroberfläche einen dichten Rasen, nur das Ende richtet sich auf. Ab Ende Mai bis September bildet die Pflanze kleine weiße Blüten aus, die in lockeren Trauben zusammenstehen. Aus diesen Blüten entwickeln sich später kleine Schoten, welche die Samen enthalten.

Verwechslungsgefahr besteht mit dem Bitteren Schaumkraut. Dieses wächst an den gleichen Standorten und besitzt ähnliche Blätter. Im Unterschied zur Brunnenkresse sind die Stängel jedoch nicht hohl, sondern mit Mark gefüllt. Doch keine Sorge: Auch Schaumkraut ist essbar. Es schmeckt sogar ähnlich wie Brunnenkresse und hat eine ähnliche Wirkung. Am besten erntet man die Pflanze nur aus fließenden, sauberen Gewässern. Tierweiden sollten nicht in der Nähe sein, da die Kresse mit Insektenlarven oder Zysten des Leberegels verunreinigt sein könnte.

Brunnenkresse wird - wie die meisten Wildkräuter - bis kurz vor der Blüte geerntet. Hierfür werden die frischen Blätter oder sechs bis acht Zentimeter lange Triebspitzen abgezwickt. Da die Pflanze mehrjährig ist, treibt sie immer wieder neu aus. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass nie alle Triebe geschnitten werden und die Wurzeln im Wasser verbleiben. Nur so kann sich die Pflanze wieder erholen und vermehren - und bis zu 70 Zentimeter lang werden. Im Mai, wenn die Blütezeit beginnt, endet die Saison. Da Brunnenkresse nicht haltbar ist, sollte sie in Maßen gesammelt werden. Beim Trocknen verliert sie Geschmack und Geruch.

Frische Brunnenkresse eignet sich gut zur Ergänzung von Salaten, sie schmeckt in Risotto und Pesto oder als Bestandteil von Smoothies. Sie passt aufs Butter- oder Käsebrot, auch eine Kressebutter lässt sich damit herstellen. Dazu werden die Blätter von 60 Gramm Brunnenkresse abgezupft und mit dem Pürierstab zerkleinert. Anschließend gibt man 150 Gramm weiche Butter und einen Teelöffel Zitrone dazu. Die Zutaten werden so lange gemixt, bis eine glatte Masse entstanden ist. Die Kressebutter wird mit Salz und Pfeffer abgeschmeckt und vor dem Genuss für etwa eine Stunde kalt gestellt.