nd-aktuell.de / 22.05.2018 / Politik / Seite 8

Nach Jerusalem jetzt den Golan

Im US-Kongress droht die Fortsetzung der Nahostpolitik nach Kolonialherrenart

Karin Leukefeld, Damaskus

Ron DeSantis ist Mitglied im Auswärtigen Ausschuss des US-Kongresses und legte dieser Tage einen Resolutionsentwurf vor: Die Golanhöhen seien von strategischer Bedeutung und dürften keinesfalls in die Hände Irans fallen. Deshalb sollten »die USA die israelische Souveränität auf den Golanhöhen anerkennen«. Das von Israel annektierte Gebiet umfasst rund 700 Quadratkilometer. DeSantis zählt innerhalb der Republikaner zur »Tea Party«-Fraktion. Er lehnt den Atomvertrag mit Iran ab und setzte sich 2013 für einen Stopp der US-Hilfszahlungen an die Palästinensische Autonomiebehörde ein, bis diese Israel als »jüdischen Staat« anerkenne. Die Anerkennung von Jerusalem als Hauptstadt Israels und den Umzug der US-Botschaft dorthin hatte DeSantis schon lange gefordert.

Die Golanhöhen seien »ein integraler Teil des Staates Israel und hätten eine Schlüsselfunktion für die Möglichkeit Israels, seine Grenzen zu schützen und seine Existenz zu sichern«, heißt es nun in dem von DeSantis eingereichten Antrag. Die kürzlich erfolgte Anerkennung von Jerusalem als Hauptstadt Israels durch die USA mache klar, dass man auch anerkennen müsse, dass die Golanhöhen nicht an Syrien zurückgegeben werden könnten, sagte DeSantis vor Journalisten.

Das fruchtbare Gebiet, das sich einst Palästina und Syrien teilten, war erstmals nach der Pariser Friedenskonferenz von 1920 von den Mandatsmächten Frankreich und Großbritannien in einen palästinensischen und einen syrischen Teil geteilt worden. Die damalige Grenze folgte dem Lauf des Jordan und ging durch den Tiberias-See (See Genezareth), damit »alle Bewohner des Sees ihn nutzen können«, wie es hieß.

1923 folgte eine weitere Aufteilung des Gebietes in das britische Mandatsgebiet Palästina, die Golanhöhen bis an den Tiberias-See wurden dem (französischen Mandatsgebiet) Syrien zugeschlagen. Im Zuge der gewaltsamen Staatsgründung Israels (1947 - 1949) hatte in dem Gebiet westlich des Tiberias-Sees (Galiläa) eine massive Vertreibungsoperation durch zionistische Milizen stattgefunden, die Teil der Nakba war, der großen Vertreibung der Palästinenser aus ihrer Heimat. 1948 bei der Staatsgründung Israels wurden der Tiberias-See und die Gebiete westlich davon dem neuen Staat Israel eingegliedert.

Im Nahostkrieg von 1967 rückte Israel über den Tiberias-See hinaus nach Syrien vor und besetzte die Golanhöhen, die es unter seinem Ministerpräsidenten Menachem Begin 1981 annektierte. UN-Resolutionen, das Gebiet an Syrien zurückzugeben, werden von Israel ignoriert. Verhandlungen zwischen Israel und Syrien blieben ohne Ergebnis. Seit 1981 zogen rund 20 000 zionistische Siedler in das Gebiet, in dem etwa die gleiche Zahl Drusen lebt.

Das Gebiet wird von Israel landwirtschaftlich, touristisch und militärisch genutzt. Eine vom UN-Sicherheitsrat mandatierte Blauhelmmission sichert seit 1974 die Waffenstillstandslinie zwischen Israel und Syrien auf dem Golan. Seit 2012 nutzten radikale Dschihadisten mit Unterstützung Jordaniens, der USA und Israels die Pufferzone, um nach Syrien einzudringen.

Israelische Medien berichteten über deren medizinische und logistische Unterstützung durch Israel. Seit dem Rückzug der USA aus dem Finanzierungsprogramm für die Dschihadisten in Syrien zahlt Israel rund einem Dutzend der Milizen Sold und liefert Waffen. Die endgültige Einverleibung der Golanhöhen würde die Situation in der Region weiter verkomplizieren.

George Jabbour, der Vorsitzende der Syrischen Gesellschaft der Vereinten Nationen, verwies gegenüber »nd« auf den international anerkannten rechtlichen Status der Golanhöhen: »Das Völkerrecht ist eindeutig, die Golanhöhen gehören zu Syrien, die israelische Präsenz dort ist illegal. Aber wir wissen, dass das Völkerrecht heute von den USA bedroht wird.«