SPD-Krise drückt auf das Koalitionsklima

LINKE will nicht als Folie für Konflikte zur Verfügung stehen, die von den Sozialdemokraten befeuert werden

  • Martin Kröger
  • Lesedauer: 3 Min.

»Gönnen-Können« und »auf Augenhöhe«. Unter diesen Schlagworten beschrieben die rot-rot-grünen Koalitionäre zu Beginn ihr Projekt »R2G«. In Abgrenzung zur zerzankten Großen Koalition wollte man in der Regierungsarbeit geschlossen auftreten und liefern, in den entscheidenden Fragen wie der Wohnungspolitik oder bei der Verkehrswende.

Tatsächlich ist es so, dass das Mitte-links-Bündnis zuletzt wieder besser funktionierte: In den Fragen Beamtenbesoldung, Mobilitätsgesetz oder der Bundesratsinitiative zur Verbesserung des Mieterschutzes beispielsweise konnten Probleme ausgeräumt und die Umsetzung endlich in Angriff genommen werden. »Der Zustand der Koalition ist sehr gut, weil die Probleme, die wir im ersten halben Jahr hatten, weg sind«, räumt auch der Regierende Bürgermeister und SPD-Landesvorsitzende Michael Müller ein.

Dennoch werden im Vorfeld des SPD-Landesparteitags, der am Freitag und Samstag unter anderem mit der Vorstandswahl stattfinden soll, neue Spannungen deutlich, die über die internen Probleme der Sozialdemokraten hinausgehen. »Der Parteitag wird sich selbstkritisch mit der Situation beschäftigen, aber nicht nur selbstkritisch mit der SPD, sondern auch selbstkritisch mit der Arbeit in der Koalition«, kündigte Müller am Dienstag auf einer Pressekonferenz im Roten Rathaus auf Nachfrage an. Mit Verweis auf die im Koalitionsvertrag beschlossenen gemeinsamen Initiativen merkte Müller darüber hinaus an: »Ich bin nicht ganz so sicher, ob jeder noch dazu steht.« Das dürfte sich auf die jüngsten Konflikte bei Hausbesetzungen und dem Mobilitätsgesetz, aber auch auf den Dauerkonfliktherd Wohnungsneubau beziehen. »Es gilt dann zu sagen, man will die Instrumente anwenden, um zu mehr Wohnungen zu kommen«, sagte Müller mit Blick vor allem auf die LINKE. Den wohnungspolitischen Sprecher der Linksfraktion, Michail Nelken, kritisierte Müller in der Pressekonferenz für eine Rede im Abgeordnetenhaus, in der dieser den Neubau als »Problem« bezeichnet haben soll.

Dass die SPD einmal mehr die Linkspartei für ihre Arbeit in der Koalition kritisiert, sieht man bei den Sozialisten unterdessen gelassen. »Wir stehen nicht als Folie zur Vorbereitung des SPD-Landesparteitages und für die internen Probleme der Partei zur Verfügung«, sagt der Fraktionschef der LINKEN, Udo Wolf, dem »nd«. Die SPD müsse schon selber mit ihren Umfrageergebnissen klarkommen. Generell sei die Koalition gut beraten, sich an die Vorgaben des Koalitionsvertrages zu halten und diese »seriös« abzuarbeiten.

Umsetzen, abhaken, darauf drängt auch die SPD. »Wir kommen in eine spannende Umsetzungsphase, die Verwaltungen müssen liefern«, sagt auch Michael Müller. Nach eineinhalb Jahren sei es der richtige Zeitpunkt, sich zu vergewissern, wo steht man, wozu muss man sich verständigen.

Wo Michael Müller selber steht, wird er am Samstag nach der Vorstandswahl sehen. Auf seine Erwartung zur Wiederwahl als Landesvorsitzender angesprochen, erklärt er: »Ich rechne mit einer Mehrheit.« Diese Aussage zeigt, wie schwierig der Zustand der SPD ist. Denn normalerweise gilt ein Ergebnis unter 70 Prozent bei Vorstandswahlen ohne Gegenkandidaten als Klatsche.

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