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Nur eine Brandstifterin?

Zschäpes »Altverteidiger« plädieren im NSU-Prozess

  • Lesedauer: 2 Min.

Frau Zschäpe sei »keine Terroristin, keine Mörderin und keine Attentäterin«. So sprach Rechtsanwalt Wolfgang Heer zu Beginn seines Plädoyers am Dienstag. Er forderte das Gericht auf, seine Mandantin in all diesen Anklagepunkte freizusprechen. Heer sah lediglich eine Schuld wegen »einfacher Brandstiftung« in der Zwickauer Frühlingsstraße.

Die Bundesanwaltschaft dagegen betrachtet Zschäpe als gleichberechtigtes Mitglied der rechtsextremistischen Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU). Die hatte mutmaßlich zehn Menschen ermordet, Bombenanschläge verübt und Banken überfallen. Die Anklage fordert lebenslange Haftstrafe mit anschließender Sicherheitsverwahrung.

Heer nannte kein konkretes Strafmaß, meinte allerdings, dass Zschäpe angesichts der Untersuchungshaft von sechs Jahren und sieben Monaten aus dem Gefängnis entlassen werden müsse. Nach seiner Ansicht hatte sie auch keinen fairen Prozess bekommen. Bereits nachdem sie sich im November 2011 gestellt hatte, sei sie zu Aussagen verführt worden.

Heers Plädoyer ist keine alltägliche Pflichtausübung eines Verteidigers. Die Mandantin lehnt ihn sowie seine Anwaltskollegen Wolfgang Stahl sowie Anja Sturm ab und redet seit geraumer Zeit nicht mehr mit ihnen. Die drei sogenannten »Altverteidiger« hatten der Mandantin zum Schweigen geraten, das jedoch hielt Zschäpe nicht durch. Zwei Jahre nach Prozessbeginn überwarf sie sich mit den drei Anwälten und ließ sich zwei neue genehmigen. Die bereiteten eine schriftliche Aussage vor. Darin bestritt Zschäpe von den Morden und Sprengstoffanschlägen, die ihre Lebensgefährten Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt - beide sollen sich nach dem Auffliegen der Terrorvereinigung im November 2011 in Eisenach getötet haben - begangen haben sollen, vorab gewusst zu haben. Die »Neuanwälte«, Hermann Borchert und Mathias Grasel, hatten Ende April ebenfalls einen Freispruch von den meisten Anklagepunkten gefordert und für eine Haft unter zehn Jahren plädiert.

Vor dem Düsseldorfer Landgericht ging gleichfalls am Dienstag der sogenannte Wehrhahn-Prozess weiter. Dabei geht es um einen rechtsextremistisch motivierten Bombenanschlag im Juli 2000. Vor knapp drei Wochen war die Freilassung des Angeklagten angeordnet worden. hei

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