Besucherzahl bei Cebit auf Rekordtief

Niedersachsen: Ausrichter sehen dennoch Erfolge

  • Hagen Jung
  • Lesedauer: 3 Min.

Rapper Jan Delay kann Hannover zufrieden verlassen, sein Konzert auf der Cebit war ein voller Erfolg. Immerhin drängten sich gut 7000 Fans vor der Bühne auf dem Messegelände der niedersächsischen Hauptstadt, als der Stargast des fünftägigen IT-Events auftrat. So ganz ohne Gedränge, wie es noch vor Jahren auf der Computer-Messe üblich war, zeigten sich dagegen die Hallen der Digital-Schau. Die Besucherzahl war erneut geschrumpft, so schlimm wie noch nie - auf gerade mal 120 000.

Eine Cebit - neuerdings ohne den üblichen Besuch der Bundeskanzlerin, ohne Partnerland und auch ohne Aufwärtstrend beim Publikum, den sich wohl mancher Aussteller sehnlichst erhofft hatte. Dies nicht zuletzt mit Blick auf das neue Konzept, von dem die Messemacher so schwärmten.

Ein solches schien bitter nötig zu seien, denn im Laufe der Jahre war die Besucherzahl bereits von nahezu 800 000 auf 200 000 zurückgegangen war. Das hatte schon Endzeit-Kommentare ausgelöst wie: Wenn es weiter bergab geht, ist die Cebit tot. Nun ging es weiter bergab, trotz des neuen Konzepts, trotz Popmusik, Streetfood, Talkrunden, Riesenrad, Surfbassin und bunter Drohnen-Lichtschau. Doch Beerdigungsstimmung herrschte keineswegs auf der Abschlusspressekonferenz. Das Auftreten der Cebit-Spitzen dort erinnerte an Politgrößen, die nach verlorener Wahl dem Publikum weismachen wollen, irgendwie seien sie ja doch erfolgreich.

Die Cebit-Macher beglorwürdigten ihr Konzept trotz Besucherschwunds: Die Schau sei zukunftsfähig, hieß es, alle für 2018 gesteckten Ziele habe man erreicht, und es sei gelungen, «die Digitalisierung anfassbar» zu machen, die Distanz zwischen Technologie und Gesellschaft abzubauen, frohlockte Messe-Vorstand Oliver Frese.

Wohl nicht nur jener Rundfunkmann war des Schönredens überdrüssig, der dem Manager schließlich entgegenhielt: Die jetzt erreichte Besucherzahl sei nun mal die schlechteste in der Geschichte der Cebit. Was den Vorstand denn so sicher mache, dass der Zustrom im kommenden Jahr nicht noch dünner werde und diese Messe dann vor dem endgültigen Aus stehe. Man sollte aufhören, erwiderte Frese, die neue Veranstaltung mit alten Cebits zu vergleichen. Es sei «alles neu», eine Basis habe man geschaffen für die Zukunft.

Ein Wort, das oft zu hören ist am letzten Messetag. Doch auch der Rückblick der Cebit-Macher auf die fünf ausgeklungenen Tage in Hannover fällt durchweg positiv aus. Geschäftskontakte seien nicht nur in den Hallen an den Ständen geknüpft worden, sondern «in entspannter Atmosphäre auch beim Feiern und bei Talk-Begegnungen, so Frese. Man habe Aufbruchstimmung erzeugt mit der »ersten Cebit der neuen Zeitrechnung«.

Die Resonanz der Aussteller ist durchwachsen. Es sei »ein sehr erfolgreicher Start« der neuen Cebit gewesen, ist zu hören, doch hier und da wird auch abgewinkt, ist von »Kirmes« die Rede. Und an einigen Ständen ärgerte man sich, dass am letzten Cebit-Tag, an dem statt 100 nur 15 Euro Eintrittsgeld verlangt wurden, die jahrelang wegen teurer Tickets ausgebliebenen »Beutelratten« wieder da waren: jene Privatleute, die gucken, Einkaufstüten mit Werbematerial vollstopfen und den Cebit-Einkauf auf eine Bratwurst beschränken.

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