Unfair einkaufen im Supermarkt

Oxfam: Große Einzelhandelskonzerne kümmern sich wenig um die Bedingungen entlang der Lieferkette

  • Grit Gernhardt
  • Lesedauer: 3 Min.

Deutschland ist ein Land der Supermärkte. Und auch wenn einem die Firmenschilder etwas anderes weismachen wollen, wird der Markt von vier Ketten dominiert. Marktführer Edeka mit der Discountmarke Netto, die Schwarz-Gruppe mit Lidl und Kaufland, Rewe inklusive der Penny-Märkte sowie Aldi Nord und Süd teilen sich den Hauptteil des Gewinns im Lebensmitteleinzelhandel. Doch die Milliardenumsätze werden auf dem Rücken anderer erwirtschaftet, wie eine Studie der Entwicklungshilfeorganisation Oxfam zeigt.

Die Kampfpreise für Lebensmittel und Non-Food-Artikel sind demnach nur möglich, weil entlang der Lieferkette Menschenrechtsverletzungen stattfinden. Für die Studie »Die Zeit ist reif - Leid und Ausbeutung in Supermarktketten beenden« hat Oxfam öffentliche Informationen von 16 der größten Supermärkte in Deutschland, den Niederlanden, den USA und Großbritannien ausgewertet und mit Menschenrechtsstandards verglichen. Die vier Fragen waren: Wie transparent arbeiten die Unternehmen? Setzen die Unternehmen bei Lieferanten Arbeitsrechtsstandards durch? Wie behandeln sie Kleinbauern in Anbauländern? Was tun die Unternehmen für Frauenrechte?

Bei all diesen Fragen schnitten die deutschen »Big Four« demnach katastrophal ab. Während einige der Supermärkte aus Großbritannien und den USA teils zumindest zweistellige Bewertungen erhielten, erreichten Aldi, Edeka, Lidl und Rewe in jeder der vier Oxfam-Kategorien null bis acht Prozent der Gesamtpunktzahl. Schutz für Frauen ist offenbar das größte Problem, hier erfüllten alle deutschen Supermarktketten sowie acht der zwölf restlichen untersuchten Konzerne null Prozent der Anforderungen. Beim Schutz von Arbeiterrechten kann Lidl klägliche zwei Prozent verbuchen, die anderen drei deutschen Supermärkte lagen bei null Prozent. Lidl erreichte zudem acht Prozent in den Bereichen Transparenz und Arbeiterrechte.

Ein anderer wichtiger Kritikpunkt betrifft die Verteilung der Verkaufseinnahmen: Demnach steigt der Anteil, den die Supermärkte am Verkauf etwa von Kaffee, Garnelen oder Bananen erhalten, weiter. Die Arbeiter, die die Produkte herstellten, erhielten keine existenzsichernden Löhne, so Oxfam. Gleichzeitig sei der Anteil, den Supermarktketten etwa am Verkauf einer Banane aus Ecuador bekämen, zwischen 2011 und 2015 gestiegen. »Allein aus diesem Anstieg könnte das Sechsfache des Betrags gezahlt werden, der den Arbeiter/innen fehlt, um den Lebensunterhalt ihrer Familie bestreiten zu können«, heißt es.

»Der Supermarkt-Check zeigt, dass Menschenrechte in der Geschäftspolitik der deutschen Supermärkte aktuell nur eine Fußnote sind«, sagt Barbara Sennholz-Weinhardt, Oxfam-Expertin für Wirtschaft und Globalisierung. »Aldi, Edeka, Lidl und Rewe müssen endlich dafür sorgen, dass die Menschen, die unsere Lebensmittel herstellen, fair behandelt werden.«

Oxfam hofft, dass die Veröffentlichung der Studie ein Umdenken bewirkt. Man habe die Märkte von Anfang an einbezogen, sagte Franziska Humbert, Oxfam-Expertin für Soziale Unternehmensverantwortung, gegenüber »nd«. Doch außer allgemeinen Nachhaltigkeitsgrundsätzen sei wenig zurückgekommen. Vor einer Woche habe man die Ergebnisse an die Konzerne geschickt, Rewe bot daraufhin ein Gespräch an. Die anderen drei hätten sich nicht geäußert. »Wir wollen, dass die Ketten selbst Verantwortung übernehmen«, so Humbert. In Großbritannien sei die Gesprächsbereitschaft höher gewesen.

Für Verbesserungen hat Oxfam konkrete Vorschläge: Die Unternehmen müssten Informationen über Lieferketten und Löhne offenlegen, so könnten die Kunden bessere Kaufentscheidungen treffen. Zudem sollten Supermärkte mit Gewerkschaften in den Herstellerländern zusammenarbeiten und bessere Arbeitsbedingungen erwirken. Löhne müssten existenzsichernd, Handelspraktiken fair für Kleinbauern und Arbeiter sein. Um Frauen zu stärken, sollten die Firmen Grundsätze der UNO zur Stärkung von Frauen umsetzen und verteidigen - im Zweifelsfall auch gegen die Politik in den Herstellerländern.

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