Rätselraten über Verfassungsschutzchef

Senat will Versetzungsbitte von Bernd Palenda »beamtenrechtlich« prüfen / Opposition fordert Sondersitzung

  • Martin Kröger
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Pressestelle des Verfassungsschutzes war auch am Donnerstag telefonisch nicht zu erreichen, eine schriftliche Erklärung lag ebenfalls nicht vor. Das landespolitische Berlin spekulierte deshalb am Donnerstag weiter kräftig über das Verhalten des Leiters der Abteilung Verfassungsschutz, Bernd Palenda, der nach der Sitzung des Verfassungsschutzausschusses am Mittwoch um eine Versetzung gebeten hatte.

War für die Aufforderung an seinen Dienstherrn, den Innensenator Andreas Geisel (SPD), tatsächlich die Bekanntmachung eines neuen Kontrollinstruments ursächlich, mit dem Rot-Rot-Grün - wie seit Langem bekannt war - die verwaltungsinterne Kontrolle des Nachrichtendienstes stärken will? Diese Erzählung befeuerte die CDU. »Die gestern vom Senator bekannt gegebene Ausweitung der Kompetenzen der Innenrevision könnte einer der Auslöser gewesen sein. Offenbar wurde dadurch im internen Spannungsverhältnis das Fass zum Überlaufen gebracht«, sagte der CDU-Abgeordnete Stephan Lenz. Seine Fraktion forderte zur Aufklärung der Hintergründe eine Sondersitzung des Verfassungsschutzausschusses noch vor der Sommerpause. Lenz: »Senator Geisel muss schnellstens für Klarheit sorgen, auf welche Weise er diese Krise beilegen will.«

Der Sprecher des Innensenators, Martin Pallgen, sagte dem »nd«: »Wir äußern uns offiziell nicht dazu, alles Weitere müssen wir intern prüfen.« Da es einen Stellvertreter gebe, sei der Verfassungsschutz aber nicht kopflos, so Pallgen. Der Vorgang werde zudem »beamtenrechtlich« geklärt. »Wir stehen ganz klar zur Einsetzung der Arbeitsgruppe, wir stehen hinter dem Verfassungsschutz und finden seine Arbeit richtig und wichtig«, betont Pallgen. Aber natürlich müsse es eine Innenrevision geben, die den Verfassungsschutz kontrolliere.

»Dass eine Kontrolleinheit als Fachaufsicht eingerichtet wird, ist eine Selbstverständlichkeit«, sagt der Verfassungsschutzexperte der Linksfraktion, Niklas Schrader. Die Maßnahme sei bereits im Koalitionsvertrag von SPD, Linkspartei und Grünen festgeschrieben gewesen. Es habe vorher ein Signal gegeben, und es sei auch bereits vor längerer Zeit angekündigt worden, dass die Senatsinnenverwaltung die interne Kontrolle stärken will, sagt Schrader. In Zukunft werde Rot-Rot-Grün außerdem noch mehr parlamentarische Kontrollinstrumente einrichten.

Der Sprecher der Grünen-Fraktion für den Verfassungsschutz, Benedikt Lux, bedauerte den Schritt von Bernd Palenda. »Er hat die Behörde gut geführt, es war eine skandalfreie Zeit«, sagte Lux dem »nd«.

Aus rot-rot-grünen Koalitionskreisen war am Donnerstag darüber hinaus zu hören, dass auch der Verfassungsschutzchef Palenda seit Längerem über die Einsetzung der sogenannten »Arbeitsgruppe Kontrolle Verfassungsschutz« (AKV) nicht nur informiert, sondern auch in den Prozess involviert gewesen sei - die Einsetzung der AKV also alles andere als überraschend für den Verfassungsschutzchef gekommen sein müsse. Immerhin stand auch der Tagesordnungspunkt im Verfassungsschutzausschuss länger fest. Nach dieser Lesart könnte Palenda seine Versetzungsbitte gerade zu diesem Zeitpunkt vorbereitet haben. Aber wozu? Um möglicherweise davon abzulenken, dass er sich gegen Umstrukturierungen in den Bereichen islamistischer Terrorismus und Cybergefahren in seiner Abteilung gesperrt haben soll, wie zu hören ist?

Fakt ist, der Verfassungsschutz in Berlin wurde in den vergangenen Jahren personell immer weiter aufgestockt, auch von Rot-Rot-Grün. Inzwischen hat die Abteilung 226,85 sogenannte Planstellen.

Und wer auch immer die neue Leiterin oder der neue Leiter wird, eines steht bereits fest: »Wir brauchen eine Person, die die Linie des Ausbaus der Kontrollen mitträgt«, sagt Niklas Schrader.

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