Sozialdemokrat Dragnea wegen Amtsmissbrauchs verurteilt

Straßenproteste gegen Korruption gehen weiter / Regierende Sozialdemokraten uneins über Umgang mit Vorsitzendem Dragnea

  • Lesedauer: 2 Min.

Bukarest. Liviu Dragnea, Vorsitzender der regierenden rumänischen Sozialdemokraten (PSD), ist am Donnerstag vom obersten Gericht des Landes in erster Instanz zu drei Jahren und sechs Monaten Haft ohne Bewährung wegen Anstiftung zum Amtsmissbrauch verurteilt worden. Daraufhin demonstrierten erneut Tausende Rumänen in der Hauptstadt Bukarest und in weiteren Universitätsstädten für den Rücktritt der Regierung. Die PSD will am Freitag in einer Eilsitzung des Parteipräsidiums und der regionalen Parteichefs über das weitere Vorgehen entscheiden. In ersten Reaktionen nannten manche PSD-Politiker das Urteil »ungerecht«.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, es kann vor einer anderen Kammer des obersten Gerichts angefochten werden. Dragnea ist zugleich Präsident des Abgeordnetenhauses und damit dritter Mann im Staat. Er war beschuldigt worden, einst als Regionalpräsident im südrumänischen Bezirk Teleorman für fiktive Anstellungen beim Jugendamt mitverantwortlich gewesen zu sein. Die zwei fiktiven Angestellten hatten laut Urteil von 2006 bis 2013 Gehalt von dem Amt kassiert, aber für die Partei PSD gearbeitet. In der gleichen Sache verurteilte das oberste Gericht neun weitere Personen zu Haftstrafen.

Dragnea gilt als treibende Kraft der laufenden Bemühungen der Regierung von Ministerpräsidentin Viorica Dancila, den von der EU sehr gelobten Kampf der Staatsanwaltschaft gegen Korruption zu bremsen. Weil er bereits wegen versuchter Wahlmanipulationen vorbestraft ist, darf Dragnea nicht selbst Ministerpräsident werden, jedoch kontrolliert er faktisch die Regierung.

Dancila, die als Dragneas Marionette gilt, nannte das Urteil »willkürlich«. Ohne eine rechtskräftige Verurteilung gelte für Dragnea die Unschuldsvermutung. Innerhalb der PSD gibt es auch Dragnea-Kritiker, die sich aber bislang eher zurückgehalten haben. Nur die von Dragnea an den Rand gedrängte frühere PSD-Vizepräsidentin Ecaterina Andronescu rief ihren Parteichef auf, jetzt »an das Schicksal des Landes zu denken«. Kritiker der Regierung hoffen, dass das Urteil innerhalb der PSD eine kritische Masse gegen Dragnea in Bewegung setzen werde. dpa/nd

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal