nd-aktuell.de / 23.06.2018 / Politik / Seite 3

Asylstreit in der EU

Internationale Presse

Novi list, Kroatien

Empathie wird zur Utopie

In den USA werden Migranten systematisch die Kinder weggenommen und eingesperrt, Babys ebenso wie 15-jährige Teenager. Unvorstellbar, dass das im Jahre 2018 passieren kann. Aber auch bei uns in Europa wird der Ruf nach der starken Hand immer lauter. Empathie gegenüber Migranten wird zur Utopie erklärt, die man wegen der realen Verhältnisse aufgeben müsse. Aber was für Menschen werden wir, wenn wir das Gefühl in uns töten, das das Leid Anderer in uns weckt? Was für ein Europa schaffen wir da für unsere Kinder, wenn wir ihnen zeigen, dass Empathie naiv, dumm, unpraktisch und zu teuer ist und einfach unsere Interessen stört?

Sydsvenskan, Schweden

Merkel und Europa

Kann ein Mini-Gipfel große Probleme lösen? Ziel ist, vor dem großen Gipfel in Brüssel Ende des Monats einige der größten Stolpersteine zu beseitigen. Dann sollen sich nämlich die Staats- und Regierungschefs über die künftige Migrationspolitik einigen. Die Voraussetzungen für einen Kompromiss könnten, gelinde gesagt, besser sein. Für eine Lösung spricht jedoch, dass von der Frage die politische Zukunft von Bundeskanzlerin Merkel abhängt. Eine deutsche Regierungskrise hätte weitreichende Folgen für ganz Europa, ebenso die Wiedereinführung von Grenzkontrollen.

La Repubblica, Italien

Harte Verhandlungen

Es beginnt die heißeste Woche für Europa seit der Griechenland-Krise. Doch dieses Mal droht die EU an der Migrationsfrage zu zerbrechen. Die Verhandlungen werden bis aufs Blut geführt werden - mit dem Ziel, Bundeskanzlerin Angela Merkel, den Schengen-Raum und damit auch das europäische Gerüst zu retten.

Aamulehti, Finnland

Humanität nicht vergessen

Zwei Pole stehen sich in der Debatte gegenüber: die Verantwortung, bedrohten und in Not geratenen Menschen zu helfen auf der einen Seite, und die Sorge um die Kosten und die Integration der Ankommenden auf der anderen. Die Migranten sind keine homogene Gruppe von Menschen und können daher in der Diskussion nicht alle in einen Topf geworfen werden. Daher müssen auch die Lösungen unterschiedlich und vielschichtig sein und die Debatte gerät leicht zu einer schrecklichen Kakofonie. Doch ganz gleich, wie schwierig die Lösungen auch sein mögen und wie groß die Sorge um den eigenen Staat ist, das rechtfertigt nicht, dass man vergisst, Menschen human zu behandeln.

Tages-Anzeiger, Schweiz

Seehofer und Orban

Wie in Berlin schwindet auch in der EU die Autorität der einst starken Frau. Ihre Gegner spüren ihre Schwäche und wittern Morgenluft. In Deutschland ist Innenminister Horst Seehofer Merkels Gegenspieler. Auf der europäischen Bühne hat Ungarns Viktor Orban Verstärkung bekommen und führt die Anhänger einer reinen Abschottungspolitik an. Auch in Wien oder Rom scheint man auf ein Ende der Ära Merkel zu setzen. Geschwächt und angeschlagen knüpft Angela Merkel ihr politisches Schicksal an eine europäische Lösung in der Flüchtlingskrise.

Pravo, Tschechien

Massive Entwicklungshilfe

Die Staaten der EU müssen ein massives Entwicklungshilfeprogramm auflegen. Es gibt noch ausreichend Reserven. Es ist sinnvoller, auf gesamteuropäischer Ebene über das Ausmaß und die Effektivität der Entwicklungshilfe zu reden als über die politisch überholten Flüchtlingsquoten.

Renmin Ribao, China

Hauptproblem Armut

Eigentlich weiß man in der EU schon längst, dass Armut die Hauptursache für die illegale Masseneinwanderung aus Afrika ist. Dennoch scheuen es die Mitgliedsstaaten, trotz aller Lippenbekenntnisse, die nötigen Finanzmittel zur Beseitigung des Problems bereitzustellen. Die afrikanischen Länder dürften sich deswegen kaum bemüßigt fühlen, die Migrationsströme zu stoppen.