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Strom sparen mit der Kläranlage

Sachsen-Anhalt: Ein Pilotprojekt zeigt, dass schon eine Lüfter-Optimierung viel Geld bringt

  • Simon Ribnitzky, Magdeburg
  • Lesedauer: 3 Min.

Sie sind kaum bekannte Stromfresser: Kläranlagen verbrauchen rund ein Fünftel des Stroms in den Kommunen. Die Experten der Landesenergieagentur von Sachsen-Anhalt (Lena) sehen enorme Einsparmöglichkeiten. Ein Pilotprojekt in Aschersleben machte deutlich, dass sich schon durch einfache Verbesserungen im Betriebsablauf ein Sparpotenzial von 17 Prozent ergibt, wie Lena-Geschäftsführer Marko Mühlstein berichtet. Mehr als 30 Prozent sind durch technische Umbauten möglich. Das Projekt führte die Lena gemeinsam mit dem Magdeburger Institut für Automation und Kommunikation (ifak) in der Kläranlage von Aschersleben durch.

»Beim Stromsparen in den Kommunen denken alle sofort an die Straßenbeleuchtung«, sagt Mühlstein. In der Tat lasse sich durch die Umrüstung auf LED-Technik viel sparen. Bei Kläranlagen gehe es jedoch um weitaus größere Strommengen. In Sachsen-Anhalt gibt es rund 220 Kläranlagen, die überwiegend von den Kommunen betrieben werden. Etwa 1100 Millionen Kubikmeter Abwasser werden dort pro Jahr behandelt. Der Stromverbrauch der 132 größeren Anlagen liegt der Lena zufolge bei zusammen rund 182 Gigawattstunden. Eine Stadt wie Dessau-Roßlau könnte damit mehr als ein halbes Jahr lang mit Strom versorgt werden.

Um Einsparpotenziale zu ermitteln, führten die Experten im Rahmen des Pilotprojekts eine Simulation durch. Es sei ein digitaler Zwilling der Anlage in Aschersleben entstanden, bei dem sich die einzelnen Parameter und ihre Auswirkungen durchspielen ließen, berichtete Thomas Micka, der bei der Lena den Fachbereich Wirtschaft leitet. Haupt-Stromverbraucher seien Pumpen, Lüfter zur Sauerstoffzufuhr und Rührwerke. Schon kleine Veränderungen könnten große Wirkung zeigen: So senkt die Drehung eines Lüfters, der vorher direkt auf eine Beckenwand blies, den Stromverbrauch deutlich.

Noch mehr sparen lässt sich durch den Austausch von Pumpen und Antrieben. Viele Kläranlagen seien unmittelbar nach der Wende neu gebaut worden und inzwischen ziemlich in die Jahre gekommen, sagt Mühlstein. Eine Sanierung sei in vielen Fällen ohnehin an der Zeit. Die notwendigen Arbeiten ließen sich leicht mit Maßnahmen für mehr Energieeffizienz kombinieren. »Es geht darum, die neue Technik jetzt in die Anlagen zu bringen.« Mit vielen Betreibern habe man bereits Möglichkeiten und Sparpotenziale erörtert. 18 000 Tonnen Kohlendioxid pro Jahr könnten schon dann eingespart werden, wenn alle Anlagen in Sachsen-Anhalt bei der Energieeffizienz den bundesweiten Durchschnitt erreichten.

Für die Umsetzung setzt die Lena auch auf eine neue Förderung durch das Land Sachsen-Anhalt. Zwar gebe es für Abwasseranlagen bereits länger Unterstützung vom Magdeburger Umweltministerium, erklärt Micka. Bislang gebe es Geld aber nur für die Verbesserung der Abwasserqualität in den Anlagen - nicht für mehr Energieeffizienz. Eine neue Förderrichtlinie soll das ändern. Nach Angaben des Umweltministeriums können Maßnahmen zum Stromsparen dann mit 50 Prozent bezuschusst werden. Die neue Richtlinie soll im Herbst fertig sein. Sie werde derzeit zwischen den Ministerien abgestimmt.

Das größte Potenzial bietet den Lena-Experten zufolge der Umbau ganzer Anlagen. »Mit den Klärschlämmen lässt sich durch Faulung Biogas erzeugen«, sagt Micka. Zusammen mit einem eigenen Blockheizkraftwerk ließen sich so Strom und Wärme für den Betrieb der Kläranlage erzeugen. In größeren Anlagen könnten freie Flächen zudem zur Stromproduktion mittels einer Photovoltaik-Anlage genutzt werden. Im besten Fall wird dann insgesamt sogar mehr Strom produziert, als die Anlage selbst verbraucht. dpa/nd

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