nd-aktuell.de / 27.06.2018 / Berlin / Seite 10

GEW will Lehrermangel bekämpfen

Bildungsgewerkschaft stellte eigenen Maßnahmenkatalog zur Fachkräftegewinnung vor

Jérôme Lombard

Um den Lehrkräftemangel in Berlin zu lindern, fordert die Bildungsgewerkschaft GEW die Einstellung von Verwaltungs- und Gesundheitspersonal an Schulen. »Wenn es die benötigten Lehrkräfte und Erzieher nicht gibt, dann muss der Senat alle anderen Potenziale ausschöpfen, um die Pädagogen zu entlasten«, sagte die GEW-Landesvorsitzende Doreen Siebernik. Verwaltungskräfte, Ergotherapeuten oder Pflegekräfte könnten einen wichtigen Beitrag zur inklusiven Ganztagsschule leisten, so Siebernik weiter.

Die Forderung ist Teil eines Maßnahmekatalogs gegen den Fachkräftemangel an Schulen, den die GEW am Dienstag vorgestellt hat. Die Erarbeitung eines eigenen Positionspapiers sei notwendig geworden, weil das Mitte Juni von Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) vorgestellte Maßnahmenpaket »völlig unzureichend« sei, wie Siebernik erklärte. »Die von Scheeres vorgelegten Maßnahmen werden die zu erwartende Lücke in der Lehrkräfteausstattung der Berliner Schulen nicht heilen«, sagte die GEW-Landeschefin. Einige der im Senatspapier angedachten Maßnahmen wie etwa die Zulassung von Ein-Fach-Lehrkräften würden sogar die Errungenschaften der vergangenen Jahre konterkarieren.

Nach Ideen der Bildungssenatorin soll es in Zukunft möglich sein, dass Lehrer mit nur einem Fachgebiet an Schulen unterrichten. Bisher müssen Lehrkräfte eine Ausbildung in mindestens zwei Fächern nachweisen. Neben einem Wahlfach sind die Fächer Deutsch und Mathematik Pflicht. An den Grundschulen müssen es sogar drei Fächer sein. So will es das Lehrkräftebildungsgesetz. Sollten Ein-Fach-Lehrer in Zukunft zugelassen werden, würde das auch Auswirkungen auf die Ausbildungszeit und somit auch auf die Bezahlung haben.

Genau das will die GEW nicht. »Ausbildungen, die Einsatzmöglichkeiten von Lehrern verringern und eine geringere Bezahlung zur Folge haben, lehnen wir strikt ab«, sagte Tom Erdmann, Co-Vorsitzender der GEW Berlin.

Generell dürften die Maßnahmen, die in der aktuellen Situation gegen den Fachkräftemangel erörtert werden, nicht zu einer Absenkung der Bildungsqualität an den Schulen führen. »Wir wehren uns gegen strukturelle Verschlechterungen der Qualität, um den Lehrkräftemangel zu bekämpfen«, sagte Siebernik.

Es sei daher ein Unding, dass die Pläne der Bildungssenatorin den Wegfall von Stunden für Sprach- und sonderpädagogische Förderung vorsehen würden, wenn nicht ausreichend Personal vorhanden sei. »Diese Kürzungen gehen zu Lasten der Schwächsten in unserem Bildungssystem«, sagte Erdmann. Man dürfe jetzt nicht die Axt an die Inklusion anlegen, nur weil man jahrelang zu wenig für die Gewinnung neuer Fachkräfte getan hat. Für die GEW steht fest: Nur die Verringerung der Arbeitszeit und der Arbeitsbelastung wird die Attraktivität des Arbeitsplatzes Schule mittelfristig wieder steigern können. Ein weiterer wichtiger Punkt sei zudem die Öffnung des Quereinstiegs in den Lehrerberuf unabhängig von der Studienrichtung. »Dies können auch Hochschulabschlüsse in Soziologie und Pädagogik sein«, sagte Erdmann.