Fehlt noch die Gebirgsmarine

In Passau wurde die Bayerische Grenzpolizei wieder wiedergegründet

  • René Heilig
  • Lesedauer: 2 Min.

Bayern war schon immer etwas speziell. Als einziges Bundesland verfügt der Freistaat seit einem Festakt am Montag in Passau wieder über eine eigene Grenzpolizei. Kaum dass er Ministerpräsident geworden war, hatte Markus Söder (CSU) den seit einiger Zeit an Regierungsstammtischen wabernden Gedanken aufgenommen, wieder eine landeseigene Grenzpolizei zu gründen. Die »Asylflut« zwinge dazu, die normale Landespolizei sei überfordert und die Bundespolizei mit anderen Dingen befasst, hieß es.

Bereits bei der ersten Sitzung des Söder-Kabinetts im März beschloss man 1000 Stellen. Nun will man mit 500 beginnen. Den Beamten steht modernste Technik zur Verfügung: geländegängige Fahrzeuge, digitale Dokumentenprüfgeräte, Wärmebildkameras, Fingerabdruckscanner und sogar kleine Drohnen. Chef der Direktion ist Alois Mannichl. Man kennt ihn seitdem am 13. Dezember 2008 auf den damaligen Chef der Passauer Polizei ein Messerangriff verübt wurde. Ermittler vermuteten rechtsextremistische Motive. Der Fall ist ungeklärt.

Die abermalige Gründung der Bayerischen Grenzpolizei ist höchst umstritten. Bundesweit ohnehin, doch auch in Bayern gibt es Streit. Die SPD sieht weiter die Bundespolizei in der Pflicht, die Freien Wähler befürchten einen weiteren »Wasserkopf«, die Grünen betonen, dass ein vereintes Europa vieles, doch keine Bayerische Grenzpolizei braucht. Dass die um den Einzug ins Landesparlament ringende Linkspartei keine Sympathie für Abschottungsaufrüstung aufbringt, ist offenkundig. Auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP) kritisiert den Alleingang. Die Bundespolizei arbeite bereits eng mit der bayerischen Landespolizei zusammen. »Das hat sich bewährt und sollte auch so fortgeführt werden«, betont der Vorsitzende der GdP in der Bundespolizei, Jörg Radek, Er sieht die Gefahr von Doppelkontrollen und fürchtet so entstehenden Bürgerunmut.

Dennoch scheint die Geschichte der Bayerischen Grenzpolizei unendlich zu sein. Entsprechende Grenzpolizeikommissariate hatte es bereits zwischen 1919 und 1934 gegeben. 1946 installierte die US-Besatzungsmacht wieder eine »Border Police«. Auffällig viele sogenannte NS-belastete Fachleute fanden Aufnahme in der neuen Truppe, die zu Zeiten des Kalten Krieges nicht unberechtigt als eine Art Unterabteilung des Verfassungsschutzes wahrgenommen wurde. Im März 1998 wurde die Bayerische Grenzpolizei in die Landespolizei eingegliedert. Drei Jahre zuvor war Österreich EU-Mitglied und in den Schengen-Raum aufgenommen geworden,

Dass Söder die Indienststellung der Truppe zum Wahlkampf nutzt, war klar. Spötter witzeln daher: Wenn es seiner CSU nur ein paar Prozentpunkte mehr bringt, würde der Bayern-Premier auch eine berittene Gebirgsmarine gründen.

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