Sachgrundlose Befristungen sollen enden

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 2 Min.

Berlin macht Schluss mit sogenannten sachgrundlosen Befristungen. Der rot-rot-grüne Senat beschloss am Dienstag, künftig im öffentlichen Dienst und bei Betrieben, an denen das Land mehrheitlich beteiligt ist, keine solchen Arbeitsverträge mehr abzuschließen, wie die Senatsverwaltung für Finanzen mitteilte. Die Landesregierung folgte damit einer Aufforderung des Abgeordnetenhauses vom November 2017.

»Obwohl seit nun einem Dreivierteljahr das kommende Ende der sachgrundlosen Befristung klar war, hat die Verwaltung damit weitergemacht«, beklagt Andreas Splanemann, Sprecher der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di. »Es haben alle noch schnell die sachgrundlosen Befristungen genutzt«, sagt auch Andreas Hellwig, Vorstandsmitglied des Hauptpersonalrats, der obersten Vertretung aller Landesbediensteten. Doch auch mit dem Senatsbeschluss wird die Praxis nach Hellwigs Erwartung noch lange kein Ende finden. »Es ist ein Papier in der Welt, in dem ganz viele Ausnahmen zugelassen werden sollen«, berichtet der Beschäftigtenvertreter.

Nach Angaben der Finanzverwaltung waren im Januar in Senats- und Bezirksverwaltungen knapp 1000 von rund 118 400 Beschäftigungsverhältnissen sachgrundlos befristet.

»Eine Befristung mit einem sachlichen Grund, wie zum Beispiel eine Schwangerschaftsvertretung, ist ja durchaus in Ordnung«, so Hellwig. »Aber einfach so den Vertrag zu befristen als verlängerte Probezeit, das geht überhaupt nicht.« So formulierte das auch Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD) im April, als der Senat den Beschlussentwurf zur Kenntnis nahm. »Für die Beschäftigten bedeutete das große Unsicherheit. Auch der Arbeitgeber verpasst damit eine wichtige Chance, Verbindlichkeit zu schaffen und Beschäftigte an sich zu binden«, sagte Kollatz-Ahnen damals. »Dann sollte so ein Beschluss auch ohne wenn und aber gelten«, fordert Hellwig. Der Hauptpersonalrat befinde sich mit Senatsvertretern derzeit in Gesprächen über die Ausnahmenliste, erklärt Hellwig.

Die sachgrundlose Befristung ist auch auf Bundesebene Thema. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hatte die Länder zuletzt aufgefordert, die sachgrundlose Befristung von Beschäftigten zu beenden. Die große Koalition aus Union und SPD im Bund plant auch für die Privatwirtschaft verschärfte Regeln für Befristungen ohne Sachgrund. Mit AFP

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