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  • Korruption bei italienischer Lega

Salvini und die Korruption

Die italienische Regierungspartei Lega soll 49 Millionen Euro veruntreuter Staatsmittel zurückzahlen

  • Wolf H. Wagner, Florenz
  • Lesedauer: 3 Min.

Das Urteil des Kassationsgerichts in Rom, der obersten Rechtsinstanz Italiens, war deutlich: Entweder zahlt die Lega eine Summe von 49 Millionen Euro zurück in die Staatskasse oder Güter der Partei im Nennwert werden sequestriert. Der Vollzug dieser Anordnung könnte die Partei des Innenministers und Vizepremiers Matteo Salvini an den Rand der Handlungsunfähigkeit bringen. Kein Wunder also, dass Salvini vor Wut nur so schäumt, einen Angriff auf die Demokratie und die Meinungsfreiheit befürchtet und erklärt, der Staatspräsident höchstpersönlich werde sich schützend vor die Lega stellen. Doch von Seiten des Quirinalspalastes gibt es nur eine unterkühlte Absage: »Präsident Sergio Mattarella befindet sich zur Zeit im Ausland und sei darüber hinaus im Dunklen, welches das Anliegen der Lega sei«, so eine Medienerklärung.

Hintergrund der Affäre sind die Ermittlungen zu Veruntreuung von Parteigeldern, die aus Wahlkampferstattungen sowie Parteienspenden herrührten. Die Staatsanwaltschaften von Mailand, Genua, Neapel und Reggio Calabria ermittelten. Insbesondere wurde dem Gründer und Vorsitzenden der damaligen Lega Nord, Umberto Bossi, sowie seiner Familie zur Last gelegt, Gelder aus den Kassen der Partei für private Zwecke genutzt zu haben. Des Weiteren wurde Bossi und der Parteispitze vorgeworfen, Geldwäsche für verschiedene Clans des organisierten Verbrechens aus dem Süden sowie Stimmenkauf betrieben zu haben. In Folge des Rechtsverfahrens trat Bossi von allen Parteiämtern zurück und überließ die Führung der Lega zunächst seinem langjährigen Gefährten Roberto Maroni, der später von Matteo Salvini an der Parteispitze abgelöst wurde.

2015 verurteilte das Gericht von Genua Umberto Bossi und die Lega zur Rückzahlung von 40 Millionen Euro veruntreuter Gelder, die Summe hat sich in der Zwischenzeit auf 49 Millionen Euro erhöht. »Ich und meine Partei werden nicht für Forderungen einstehen, die vor zehn Jahren von anderen verursacht wurden«, so Matteo Salvini. Er wolle sich auf jeden Fall mit dem Staatspräsidenten Sergio Mattarella treffen, um diesen zu ersuchen, die Lega zu schützen. Es sei Aufgabe des Präsidenten, die Verfassung zu bewahren und eine politische Partei, die die Zustimmung der meisten Italiener genießt, vor politisch motivierten Angriffen der Justiz zu schützen, so Salvini. Wie einst Silvio Berlusconi sieht sich auch Lega-Chef Salvini von Richtern aus dem linken Spektrum verfolgt, die seinen politischen Werdegang zerstören wollen. Doch die militante Gegenwehr des Innenministers und Vizepremier trifft nicht unbedingt auf den Beifall des Koalitionspartners.

Justizminister Alfonso Bonafede (M5S) stellt sich uneingeschränkt vor die Richter der Kassationsinstanz. Die Juristen hätten sorgfältig ihre Arbeit getan und ein der Sachlage gemäßes Urteil gesprochen, dies sei zu respektieren. Das Ansinnen Salvinis, der Präsident solle sich vor die Lega stellen, lehnte Bonafede ab: »Wir werden nicht zu den Zuständen der zweiten Republik zurückkehren«, erklärte der Minister mit Anspielung auf die Ära Giulio Andreottis. Auch Salvinis Amtskollege von der Sternebewegung, Luigi Di Maio, forderte den Lega-Chef zur Mäßigung und zum Anerkennen des Urteils auf.

Der Generalstaatsanwalt von Genua, Francesco Cozzi, erklärte, Salvini sei ihm persönlich sympathisch und er wünsche ihm alle Gute. Doch hier ginge es rein um eine »technische Angelegenheit, die wir sachlich und technisch gelöst haben«, an dem Urteil sei nicht zu rütteln. Die nationale Richterassoziation ANM sah das Ansinnen Matteo Salvinis, der Staatspräsident möge sich schützend vor die Lega stellen, als verfassungswidrig an. Es steht zu erwarten, dass die Affäre einige Spannungen in die Koalition tragen dürfte.

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