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Die Hintertür bleibt zu

Robert Harting wird nach Platz drei bei den Meisterschaften wohl für die EM nominiert, sein Bruder Christoph siegte in Nürnberg. Beide sprechen über ihr »Nichtverhältnis«

  • Andreas Schirmer und Ralf Jarkowski, Nürnberg
  • Lesedauer: 3 Min.

Robert Harting will sich nicht durch die Hintertür in sein Berliner Wohnzimmer schleichen. »Eine Lex Harting, einen Freifahrtschein, möchte ich nicht, da habe ich keinen Bock drauf«, sagte der Diskuswurf-Olympiasieger am Sonntag zu seiner Hängepartie um die EM-Nominierung. Bei den deutschen Leichtathletikmeisterschaften in Nürnberg wurde der Berliner zwar nur Dritter. Aber Harting glaubt an sich: »Ich bin eigentlich besser, ich kann mehr!«

Dass der erfolgreichste deutsche Leichtathlet des vergangenen Jahrzehnts bei den Europameisterschaften (6. bis 12. August) im Olympiastadion fehlt, ist nicht nur für Harting ein undenkbares Szenario. »Ein Unding«, sagt er selbst. »Das Bundestrainerteam wird Christoph Harting, Daniel Jasinski und Robert Harting für die EM-Nominierung vorschlagen. Es ist ein unverbindlicher Vorschlag«, sagte Idriss Gonschinska, der Leitende Direktor Sport im Deutschen Leichtathletik-Verband.

An diesem Montag werden die Nominierungen mit dem Bundesausschuss Leistungssport beraten, am Mittwoch gibt der DLV dann sein Rekordteam für die EM - mehr als 120 Sportler - bekannt. »Ich sehe meine Chancen bei 75 Prozent«, meinte Harting. Aber eigentlich ist der 33-Jährige so gut wie durch: Der DLV wird den Superstar, den Lokalmatador, den Liebling der Fans nicht zu Hause lassen.

Der einzige Tweet, den Robert Harting am Samstagabend nach dem Wettkampf noch absetzte, war eine eindeutige Botschaft: »Wir sehen uns in Berlin;))!!« In Nürnberg sei er nur in einer »Halbform« angetreten, »und das wäre beinahe nach hinten losgegangen«. Denn mit seinen 63,92 Metern lag Harting im Quali-Krimi nur 20 Zentimeter vor dem Magdeburger Martin Wierig, der den Diskus im EM-Jahr sogar schon 66,98 Meter weit geschleudert hat.

»Ich möchte jetzt auch nicht in der Haut derjenigen stecken, die das entscheiden müssen: Harting ist jetzt im Team«, sagte der Olympiasieger von 2012. Sein jüngerer Bruder Christoph, bereits für die EM nominiert, trumpfte mit 66,98 Metern auf und holte sich seinen zweiten Meistertitel. Das zweite EM-Ticket geht an den zweitplatzierten Wattenscheider Daniel Jasinski, der auf 64,82 Meter kam.

Am 8. August könnte es in Berlin zum nächsten Duell der ungleichen Brüder kommen - im EM-Finale der Diskuswerfer. Das pikante Treffen der Olympiasieger am späten Samstagabend im ZDF-Sportstudio fiel allerdings aus - weil Robert absagte. »Wir haben ein sehr angespanntes Verhältnis, um zu sagen: gar kein Verhältnis. Einfach aus Respekt meiner Mama und meinen Eltern gegenüber - da will ich einfach nicht, dass jemand neben mir sitzt, und wir unterhalten uns nicht«, sagte Robert.

Auch für Christoph wäre ein verbales Bruderduell - live vor den Kameras - eine unangenehme Pflicht gewesen. »Da treffen natürlich Welten aufeinander. Und deswegen ist das menschlich manchmal schwierig«, sagte der Rio-Olympiasieger dann im ZDF-Sportstudio. Zu Robert habe er eher »kein Verhältnis als ein schwieriges Verhältnis«. dpa/nd

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