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Joachim Löw muss gewinnen - oder gehen

Laut DFB-Insidern könnte der Bundestrainer bereits im November seinen Posten verlieren. Die neue Nationenliga wird zum Prüfstein

  • Marco Mader, München
  • Lesedauer: 3 Min.

Joachim Löw hat sich erst einmal zurückgezogen. Doch der überraschende Analyse-Gipfel des Bundestrainers mit dem Präsidium des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) wirkt noch nach. Trotz des erneut öffentlich demonstrierten Schulterschlusses mit der Verbandsspitze um Präsident Reinhard Grindel: Restzweifel an Löw bleiben, der 58-Jährige steht ab September unter Erfolgszwang.

»Die entscheidende Frage ist«, zitierte die »Süddeutsche Zeitung« einen namentlich nicht genannten, prominenten Bundesligatrainer, »ob Jogi in Zukunft wieder brennt - und das auch ausstrahlt.« Sollte dies nicht der Fall sein und sich der Erfolg beim Neustart im Herbst nicht sofort einstellen, könnte die Ära Löw trotz aller Treueschwüre schnell vorbei sein.

Bis November muss sich Löw mit seinen ramponierten Ex-Champions gegen Weltmeister Frankreich und die Niederlande in der neuen Nations League behaupten. Der Tabellenletzte nach Hin- und Rückspielen steigt in Division B ab. Sollte die DFB-Elf nach dem WM-Desaster auch in der Nationenliga scheitern, wäre Löw »nicht mehr zu halten«. Das will die »SZ« aus mehreren Verbandsquellen erfahren haben. Ein angeschlagener Löw wäre eine zu schwere Hypothek für die 2019 folgende Qualifikation zur EM 2020. Löw wisse um diesen Notfallplan des DFB.

Grindels Aussagen nach dem Analysegipfel von Frankfurt klangen ganz anders. Er habe »einen unglaublich motivierten und engagierten Bundestrainer erlebt, der genau weiß, wo er ansetzen musste«, sagte er, und: »Alle im Präsidium ... haben vollstes Vertrauen, dass Jogi Löw jetzt genau der Richtige ist, die notwendigen Konsequenzen zu ziehen.«

Löw selbst sieht den DFB »geschlossen« hinter sich. Doch er spürt den gestiegenen Druck. Im 6. September gegen Frankreich und drei tage später gegen Peru wolle er sich mit seiner Mannschaft »anders präsentieren und auftreten als zuletzt in Russland«, sagte er. Wie dieses Team aussehen wird, ist unklar. Löw wird seinen Kader für den Neustart laut Grindel am 29. August präsentieren und dann auch seine Analyse öffentlich vorstellen. Löw will »ab jetzt mit den Spielern die Gespräche suchen. Dann werden wir auch in personeller Hinsicht Entscheidungen treffen.« Dies sei »ein sehr sensibles Thema«, sagte er.

Das gilt auch für die Erdoğan-Affäre, die Löw kraftvoller als bislang anpacken muss. Mit einem Rücktritt von Mesut Özil, der am Sonntag beim FC Arsenal wieder ins Geschehen einstieg, rechnet beim DFB in diesem Zusammenhang aber niemand. Vielmehr könnte Sami Khedira eines der »Opfer« beim Neuaufbau sein. Der Weltmeister von 2014 erwartet, dass Löw im September auf ihn verzichten wird, heißt es aus seinem Umfeld.

Jenseits des Personals will Löw an »zwei ganz wesentlichen Punkten« ansetzen: Einstellung und Spielauffassung. Er sieht es als seine Aufgabe als Trainer, »dieses Feuer, diese Begeisterung, die Hingabe, die Emotionen, den Stolz wieder zu wecken«, für Deutschland zu spielen.

Im Team hinter dem Team ist mit dem Abschied von Mannschaftsarzt Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt eine erste Entscheidung gefallen. Weitere personelle Änderungen bis in den engsten Stab von Löw sind wahrscheinlich. Dass der DFB Löw neben Direktor Oliver Bierhoff mit Philipp Lahm einen weiteren Manager zur Seite stellt, ist trotz der Initiativbewerbung des Rio-Kapitäns eher nicht zu erwarten. Löw fand Lahms Führungsstil-Kritik »nicht sehr erfreulich«. SID/nd

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