nd-aktuell.de / 24.07.2018 / Kultur / Seite 14

Marathon für die Revolution

Seit Jahren kämpft Volker Schröder für einen Feiertag am 18. März - nicht nur in Berlin, sondern bundesweit

Walter Schmidt

Der 18. März 1848, die Berliner Märzrevolution, hatte es angesichts des Übergewichts konservativer, ja reaktionärer Kräfte von Anfang an schwer, als denkwürdiges Datum in die deutsche Erinnerungskultur aufgenommen zu werden. Die wichtigste Kraft, die sich für eine Aufnahme dieses Tages in den offiziellen deutschen Gedenkkalender einsetzt, ist gegenwärtig die vor 40 Jahren - 1978 - als überparteiliche Bürgerinitiative gegründete »Aktion 18. März«. Wer sich mit dem komplizierten Weg dieser Initiative, die zwar nie Massencharakter annahm, aber dennoch beträchtliche Erfolge verbuchen kann, bekannt machen will, der sollte zu dem gerade erschienenen Buch vion Volker Schröder greifen und sich ein wenig in die autobiografischen Erinnerungen des Frontmanns der »Aktion« vertiefen: »Dass ein gutes Deutschland blühe oder Mein März-Marathon« (Verlag Pro BUSINESS, 178 S., geb., 18 €).

Aus einer Hamburger Bürstenmacherdynastie stammend und deren Tradition tunlichst pflegend, schildert Volker Schröder nicht in sonst gewohnter chronologischer Strenge, sondern in lockeren, lebendigen Episoden, in denen das Privatleben (einschließlich seines BMW-Oldtimers »Schwarzer Barockengel«) einen gebührenden Platz einnimmt, wie er nach Bundeswehr und WBL-Studium als gelernter »Diplomkaufmann« im Umfeld von 1968 zur Politik kam.

Schröder engagierte sich in einer der sogenannten »Massenorganisationen« der maoistischen KPD in Westberlin, der »Liga gegen den Imperialismus«, und war eine Zeit lang auch Finanzverantwortlicher in der Alternativen Liste, dem Westberliner Zweig der Grünen. Sodann hellt der Autor erstmals en detail die entschieden linke, revolutionär geprägte Herkunft der »Aktion 18. März« auf, die sich gegen die Supermächte in Ost und West und in scharfem Gegensatz zu nationalem Nihilismus wie reaktionären Nationalismus für ein einheitliches demokratisches Deutschland einsetzte. Diese Bestrebungen sollten durch den 18. März als gemeinsamen Nationalfeiertag in der BRD und DDR vorangebracht werden. Schröder selbst nennt sich einen »Kämpfer, Träumer, Patriot«, den der Marathon für dieses Ziel nie ermüdete.

Die Ersetzung des 17. Juni und des 7. Oktober durch den 18. März als Nationalfeiertag in beiden deutschen Staaten stieß erwartungsgemäß in beiderseits der Elbe auf entschiedene Ablehnung. Auch gelang es beim Beitritt der DDR zur Bundesrepublik der »Aktion« nicht, dem 18. März als neuen Nationalfeiertag sowie der Brechtschen Kinderhymne als neue Nationalhymne im neuen Einheitsstatt Anerkennung zu verschaffen. Die dennoch unverdrossen weiter agitierende Initiative, die schon in den Zeiten deutscher Zweistaatlichkeit sich nicht hatte nehmen lassen, am 18. März Kränze auf dem Friedrichshainer Märzfriedhof in Berlin-Ost abzulegen, kam erst in den 1990er Jahren richtig zum Zuge. Nun schlossen sich auch »Achtundvierziger« aus der DDR, Wissenschaftler, für die der März 1848 als Höhepunkt deutscher Geschichte im 19. Jahrhundert galt und gilt, tatkräftig der »Aktion« an. Der 150. Jahrestag der Achtundvierziger Revolution 1998 leitete zu ersten Erfolgen über. Auf Initiative der »Aktion« wurden nicht nur zwölf Gedenktafeln an den Barrikadenorten angebracht, sondern es gelang auch, den Widerstand des CDU-dominierte Berliner Senats zu brechen und im Jahr 2000 den Platz vor dem Brandenburger Tor in Platz des 18. März umzubenennen. Eine Zeitung adelte daraufhin den zu »einem späten Märzrevolutionär mit Erfolg«.

Seitdem unterstützt die »Aktion« von Volker Schröder die Bestrebungen, den Märzfriedhof zu einer nationalen Gedenkstätte neben den schon bestehenden, der Frankfurter Paulskirche und der Rastatter Festung, zu gestalten. Zugleich konzentriert sie sich verstärkt und vor allem darauf, das Berliner Märzdatum von 1848 zu einem nationalen Gedenktag zu erklären - und nicht nur, wie jetzt immerhin löblich vom rot-rot-grünen Senat für die Hauptstadt angedacht. Dem stand bisher immer noch einiger akademischer und vor allem Widerstand aus Bayern entgegen, der aber gewiss nicht ewig aufrecht erhalten werden kann.