Warnschüsse vor den Bug von Macron

Misstrauensanträge durch Mehrheit abgeschmettert

  • Ralf Klingsieck
  • Lesedauer: 3 Min.

Erwartungsgemäß wurden die beiden im Zusammenhang mit der Affäre Benalla eingebrachten Misstrauensanträge gegen die französische Regierung am Dienstagabend in der Nationalversammlung mit Hilfe der übergroßen Mehrheit der Präsidenten-Bewegung En marche abgeschmettert. Der Antrag der rechten Oppositionspartei der Republikaner erhielt 143 Stimmen, der der drei linken Parteien 74. Für einen Sturz der Regierung sind 289 der insgesamt 577 Stimmen nötig.

Trotzdem erhielt das von Anfang an aussichtslose politische Manöver dadurch besonderes Gewicht, dass erstmals seit 1980 wieder eine Regierung durch gleichzeitig zwei Misstrauensanträge von links und von rechts herausgefordert wurde. Vor allem aber nutzte die Opposition die Gelegenheit, ein Zeichen zu setzen und der Regierung - und darüber dem Präsidenten Emmanuel Macron - einen Denkzettel zu verpassen.

Der Fraktionschef der Republikaner, Christian Jacob, konzentrierte sich in seiner Rede darauf, den Fall des Präsidentenberaters Alexandre Benalla als Symptom für den selbstherrlichen Regierungsstil von Präsident Macron zu geißeln. Dieser schwebe »losgelöst über den Realitäten« und verhalte sich wie ein »republikanischer Monarch«, so Jacob. Dazu gehörten naturgemäß auch willkürlich verteilte Vollmachten und Privilegien für die Angehörigen seines engeren »Hofstaats«, die in keinem Gesetz vorgesehen sind. »Wir hatten keine andere Wahl als diesen Misstrauensantrag, um Ihnen unsere Ablehnung ihrer Politik ins Gesicht zu sagen und Ihre Antwort zu hören«, erklärte Jacob.

Diese Einschätzung teilte der kommunistische Fraktionschef André Chassaigne. Er begründete den zweiten Misstrauensantrag, der gemeinsam von seiner Partei, von Jean-Luc Mélenchons Bewegung La France insoumise und der »Neuen Linken« (Ex-Sozialisten) eingebracht worden war.

Doch Chassaigne ging noch darüber hinaus und charakterisierte Macron aufgrund der seit einem Jahr von ihm und seiner Regierung verfolgten unsozialen Politik als »Präsident der Reichen«. Das Präsidialregime verleite das Staatsoberhaupt und seine Regierung dazu, »zu glauben, man sei über Gesetze erhaben und weder der Justiz noch den Abgeordneten oder gar dem Volk Rechenschaft schuldig«. Die »exorbitante Machtfülle« des Staatsoberhaupts sei einmalig in Europa und gehe selbst über die des US-Präsidenten hinaus. Sie sei charakteristisch für die Verfassung der Fünften Republik, die sich General de Gaulle 1958 »auf den Leib geschrieben« habe.

»Diese Konzentration der Macht in der Hand eines gewählten Monarchen schwächt den Rechtsstaat«, so Chassaigne, und habe es möglich gemacht, ohne jede Rücksicht auf die linke Opposition und die Gewerkschaften unsoziale Reformen durchs Parlament zu peitschen oder sogar an der Volksvertretung vorbei per Regierungsdekret in Kraft zu setzen. Daher brauche es »eine neue Verfassung einer Sechsten Republik mit einer gerechteren Verteilung von Rechten und Pflichten und echter Demokratie.«

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