Systematisch ausgeplündert

Venezolanische Exfunktionäre bereicherten sich an dem staatlichen Ölkonzern PdVSA

  • Andreas Knobloch
  • Lesedauer: 3 Min.

Wenn es um die Gründe für die schwere Wirtschafts- und Versorgungskrise im erdölreichen Venezuela geht, spielen Korruption und Kapitalabfluss in Milliardenhöhe eine wichtige Rolle. In den vergangenen Tagen nun hat das US-Justizministerium einen gewaltigen Geldwäsche-Skandal rund um Venezuelas staatlichen Erdölkonzern Petróleos de Venezuela (PdVSA) öffentlich gemacht. Eine Gruppe venezolanischer Ex-Funktionäre soll zusammen mit Unternehmern anderer Nationalitäten PdVSA-Gelder in Höhe von 1,2 Milliarden Dollar in Florida gewaschen haben. Der Fall ist ein Paradebeispiel, wie der venezolanische Staat systematisch ausgeplündert wurde.

Die internationale »Geldwäsche-Verschwörung« begann laut US-Behörden vor vier Jahren. Über das venezolanische Wechselkurssystem wurden systematisch Millionenbeträge außer Landes geschafft und über Immobilienkäufe in Miami versucht zu waschen. Mit Bestechung und Betrug zweigten die Beteiligten rund 600 Millionen Dollar an PdVSA-Geldern ab, später erhöhte sich der Betrag um das Doppelte. Möglich war dies aufgrund der Inkonsistenzen und Komplexitäten von Venezuelas Wechselkursregime. So erlaubt die Regierung in Caracas bestimmten Funktionären, Dollar zu einem von der Regierung festgesetzten Präferenzkurs zu wechseln, darüber hinaus gibt es einen staatlich festgesetzten Wechselkurs sowie einen Schwarzmarktkurs. Die Ermittler verweisen darauf, dass das Verhältnis zwischen Schwarzmarkt- und offiziellem Kurs 2014 rund zehn zu eins betrug.

Im Mittelpunkt der Anschuldigen steht Derwick Associates, ein venezolanisches Unternehmen, das sich auf den Bau von Anlagen zur Stromerzeugung spezialisiert hat. So erwähnte der venezolanische Generalstaatsanwalt Tarek William Saab Derwick Associates im vergangenen Jahr im Zusammenhang mit Korruptionsuntersuchungen bei der Vergabe von Aufträgen im Orinoco-Delta. Die beiden Investmentfirmen Global Security Advisors und Global Strategic Investments sollen sich schließlich um das Waschen der Gelder gekümmert haben. Das sei über fiktive Investmentfonds und Immobilienkäufe in Miami geschehen.

In Gang gebracht wurden die Ermittlungen vor zwei Jahren, als sich einer der Beteiligten den US-Behörden als Informant zur Verfügung stellte. In der vergangenen Woche gab es zwei Festnahmen in dem Fall; darüber hinaus wurden vier Venezolaner, ein Portugiese und ein Uruguayer von den US-Behörden zur Fahndung ausgeschrieben. Zum Teil soll es sich um ehemalige Funktionäre der venezolanischen Regierung sowie von PdVSA handeln. Sie werden von der US-Justiz als »Bolibur-guéses« bezeichnet, Mitglieder der venezolanischen Elite, die über politische oder geschäftliche Verbindungen zum Chavismus schnell zu Reichtum gelangt sind.

Am 24. Juli nahmen die US-Behörden in Miami den früheren Vice Chairman der Schweizer Privatbank Julius Bär in Panama, Matthias Krull, fest. Er soll in den Fall verwickelt sein. Der in Deutschland geborene Krull lebte lange in Caracas, bevor er aus Sicherheitsgründen nach Panama zog, von wo aus er weiter venezolanische Kunden betreute, zum Teil politisch exponierte Personen, wie das Onlineportal Finews.ch schreibt. Krull galt zu seiner Zeit bei Julius Bär als »aufsteigender Star« für Lateinamerika, weil er für hohe Geldzuflüsse sorgte und über hervorragende Beziehungen bis in höchste Kreise in Venezuela verfügte.

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Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht Finma führt seit einiger Zeit ein Verfahren gegen die Bank. Ein solches Durchsetzungsverfahren wird bei Auffälligkeiten oder Hinweisen auf Verstöße gegen das Aufsichtsrecht eröffnet. Julius Bär soll rund um die PdVSA-Affäre bei der Aufnahme und Betreuung von Kunden nicht sorgfältig genug vorgegangen sein. Der Name der in Zürich ansässigen Bank ist heute mit mehreren Korruptionsvorgängen und möglichen Geldwäschefällen wie bei der FIFA, bei Petrobras, Odebrecht und eben jetzt PdVSA verbunden.

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