Die Hauptstadt des Mülls

Müll - vermeiden, trennen, weiterverarbeiten (Teil 1)

  • Jens Sethmann
  • Lesedauer: 4 Min.

Obwohl die Berliner in Sachen Abfallvermeidung Fortschritte machen, gehören sie im Bundesvergleich immer noch zu den größten Müllverursachern. Bei der Mülltrennung schneiden die Berliner besonders schlecht ab. Während der durchschnittliche Bundesbürger im Jahr 148 Kilo an Wertstoffen sammelt, sind es beim Hauptstädter nur 90 Kilo - 47 Kilo Altpapier, 25 Kilo Verpackungen und Kunststoffe sowie 18 Kilo Altglas.

Bei Biomüll sind es in Berlin sogar nur 37 Kilo pro Kopf gegenüber 123 Kilo im Bundesmittel. Und so kommt es auch, dass jeder Berliner im Jahr 231 Kilo in die Restmülltonne wirft - 45 Prozent mehr als im Bundesdurchschnitt.

Die gesammelten Abfälle lassen sich mal mehr, mal weniger gut verwerten. Am aufwendigsten ist das Recycling der Abfälle aus der Wertstofftonne. In Sortieranlagen werden die Materialien getrennt. Metalle wie Weißblech und Aluminium lassen sich relativ leicht herauslösen und können wieder in die Stahl- und Aluminiumproduktion eingebracht werden. Kunststoffe müssen schon aufwendiger behandelt werden, um als Granulat wieder in der Kunststoffproduktion Verwendung zu finden.

Getränkekartons werden gehäckselt und in Wasser aufgeweicht, bis sich die Aluminium- und Plastikschichten ablösen. Die Folienbestandteile werden bei der Zementherstellung verwendet, die Pappe wird in der Papierindustrie recycelt.

Das in der blauen Tonne gesammelte Altpapier wird gepresst und zu Faserbrei verarbeitet, der direkt zu Neupapier verarbeitet wird. Bei jedem Recyclingvorgang müssen durchschnittlich 20 Prozent frische Holzfasern hinzugefügt werden.

Glas lässt sich ohne Qualitätsverlust zu 100 Prozent recyceln. Das gesammelte Altglas wird in einer Aufbereitungsanlage zerkleinert, von Deckeln, Etiketten und anderen Fremdstoffen gereinigt und dann in der Glasfabrik eingeschmolzen. Es muss dafür aber möglichst farbenrein sein. Im Schnitt bestehen 60 Prozent der neuen Flaschen aus wiederverwertetem Glas.

Der größte Teil des Restmülls wird im BSR-Müllheizkraftwerk Berlin-Ruhleben. So werden 63 000 Haushalte mit Strom und 31 000 Haushalte mit Heizwärme versorgt.

Besser als jedes Recycling ist natürlich, Müll gar nicht erst entstehen zu lassen. Nahezu alle Getränke lassen sich in Mehrwegflaschen kaufen. Ware mit aufwendiger Verpackung sollte man beim Einkauf meiden. Umverpackungen kann man nach dem Einkauf gleich im Laden lassen. Dafür gibt es an den Packtischen der Supermärkte Abfallbehälter für Plastik und Papier/Pappe.

Ohne Einwegverpackungen kommt der Laden »Original Unverpackt« in Kreuzberg aus, wo man Lebensmittel in mitgebrachte Gefäße füllen kann.

Mit einer konsequenten Mülltrennung kann man die Betriebskosten merklich senken. Wenn eine 240-Liter-Restmülltonne weniger benötigt wird, sinken die Müllbeseitigungskosten bei wöchentlicher Abholung um 316 Euro im Jahr. In einem Haus mit zehn gleich großen Wohnungen spart also jeder Haushalt über 30 Euro.

Das Kostenargument sollte die Mülltrennungsmuffel unter den Mietern überzeugen. Zwingen kann man seine Nachbarn nicht. Ein Klima der gegenseitigen Kontrolle wäre für die zwischenmenschliche Atmosphäre im Haus auch nicht dienlich.

Was gehört nun in welche Tonne?

Wertstofftonne (gelb oder orange)

Verpackungen aus Kunststoff wie Plastikflaschen ohne Pfand, Joghurtbecher, Folien, Plastiktüten, Styropor, Verpackungen aus Metall wie Konservendosen, Getränkedosen ohne Pfand, Alufolie, Verbundmaterialien wie Getränkekartons und Gebrauchsgegenstände aus Kunststoff und Metall

Biotonne (braun)

Essensreste, Eierschalen, Obst- und Gemüsereste, Kaffeesatz, Teebeutel, Blumen, Gartenabfälle

Papiertonne (blau)

Zeitungen, Zeitschriften, Kataloge, Bücher ohne Kunststoffeinband, Verpackungen aus Papier und Pappe. Nicht hinein gehören Getränkekartons, verschmutzte Verpackungen, Taschentücher und Küchenkrepp, Tapeten und Fotos.

Altglastonne (grün)

Einwegflaschen aus Glas, Marmeladen- und Konservengläser, die zusätzlich nach den Farben weiß, braun und grün sortiert werden, alles auch mit Deckel. Nicht hinein gehören Fensterscheiben, Spiegel, Trinkgläser, Glühlampen und Keramikflaschen.

Restmülltonne (grau)

Alle Haushaltsabfälle, die nicht in den anderen Tonnen entsorgt werden. Nicht hinein gehören außerdem Sperrmüll, Elektrogeräte, Bauabfälle und Schadstoffe, die zum BSR-Recyclinghof gebracht werden müssen oder von der BSR abgeholt werden. Beachten sollte man auch, dass alte Elektrogeräte auch im Einzelhandel zurückgegeben werden können.

Aus: MieterMagazin 7+8/2018

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