nd-aktuell.de / 01.09.2018 / Wirtschaft und Umwelt / Seite 16

Ein Leben auf dem Feld

Ein früherer LPG-Brigadier aus Ostthüringen schwingt sich auch mit 83 Jahren noch täglich zur Arbeit auf seinen Traktor

Filip Lachmann

Auch nach wochenlanger Hitze tritt Landwirt Georg Schubert kaum kürzer. Zügig kommt er mit seinem Traktor über das Feld gefahren. Vorn auf dem Frontlader steckt ein Strohballen, hinten am Heck des Fahrzeugs hängen zwei weitere. Für einen Plausch gönnt Schubert sich eine kleine Verschnaufpause bei der Arbeit und hält an. Behände steigt er aus der Fahrerkabine über die drei Stufen aufs Feld hinab. Kräftiger Händedruck, wachsamer Blick. Es ist an den Gesichtszügen leicht zu erkennen, dass der rüstige Landwirt längst seinen Ruhestand genießen könnte.

Doch wie viele Jahre zählt der Junggebliebene aus dem ostthüringischen Gottesgrün eigentlich? »Was glauben Sie denn?«, fragt er herausfordernd. In seinen Augen leuchtet eine gewisse Sicherheit, dass man mit der Antwort sehr wahrscheinlich falsch liegen würde. »83 Jahre«, beantwortet er, nach einem Augenblick der Stille, die Frage selbst. Getreu dem Motto »Man ist nur so alt, wie man sich fühlt« lebt Schubert nach wie vor, als stünde er mitten im Berufsleben. Von Montag bis Freitag verlässt er jeden Morgen um 6 Uhr sein Haus, um sich seinen Feldern und Tieren zu widmen. Vor 19 Uhr endet sein Arbeitstag in der Regel nicht, teilweise kehrt er sogar noch später nach Hause zu seiner Frau Gudrun zurück. »Ich würde mir schon wünschen, dass Georg bei der Arbeit etwas kürzer tritt«, sagt sie. Aber darauf wird sie wohl noch etwas warten müssen.

»Ich kenne es einfach nicht anders«, erzählt der Nebenerwerbslandwirt. »Seit meinem 14. Lebensjahr arbeite ich durchgehend in der Landwirtschaft, habe alles von der Pike auf gelernt.« So begann der Feldbau-Meister seinen Berufsweg als Schichtfahrer und Traktorist. Anschließend arbeitete er als Brigadier in der LPG Gottesgrün-Reudnitz und wurde schließlich Abteilungsleiter der Pflanzenproduktion der LPG Greiz-Ost.

Auch nachdem sein damaliger Arbeitergeber mit dem Ende der DDR aufgelöst wurde, blieb Schubert der Branche treu. Nur wenige Wochen nach der Entlassung gründete er gemeinsam mit Ehefrau Gudrun einen familiär geführten Landwirtschaftsbetrieb. Die zum Betrien gehörenden 14 Hektar Ackerland beginnen unmittelbar hinter dem eigenen Grundstück in Gottesgrün und ziehen sich in Form eines 100 Meter breiten Streifens mehr als einen Kilometer hin bis zu sächsischen Landesgrenze. Den Anbauschwerpunkt bilden Getreidekulturen, Raps sowie Kartoffeln. Infolge des deutlich zu warmen wie zu trockenen Jahresverlaufs musste auch Schubert seine Ernteaktivitäten vorziehen. »Angesichts der äußeren Umstände konnten wir mit dem Ertrag noch zufrieden sein«, resümiert er. Aufgrund seines umfangreichen Erfahrungsschatzes bringt den vitalen Unruheständler nichts so leicht aus der Fassung. Schubert kann der ungewöhnlichen Situation sogar etwas Positives abgewinnen: »Die komplette Wintergerste war diesmal zum gleichen Zeitpunkt reif, was mir die Arbeit deutlich erleichtert hat.« Lediglich beim Stroh bemängelt er etwas die fehlende Menge in diesem Jahr, obwohl die Qualität durchaus zufriedenstellend sei.

Ans Aufhören verschwendet Schubert bisher keine Gedanken. Solange sein Körper mitmacht, möchte er auch weiter auf den Feldern aktiv sein. So schaut er bei der Betriebsplanung weiterhin von Jahr zu Jahr. Warum er trotz des stolzen Alters nach immer so agil ist, vermag Schubert nicht zu erklären. Jedenfalls habe er kein Geheimrezept, aus dem er seine Kräfte schöpfe.

Höchstwahrscheinlich ist es die ungebrochene Lust an der Arbeit im Freien, die den Senior fit hält. Auszeiten zur Erholung oder gar für Reisen benötige er nicht, sagt er. Wenn man Schuberts Worten lauscht, ist die Leidenschaft am Beruf deutlich herauszuhören. Und er freut sich darüber, dass er die Freude an der Landwirtschaft auch seinen Nachkommen vermitteln konnte. So absolvierte jüngst einer seiner Enkel eine Ausbildung im Agrarbereich.