Linke Schadensbegrenzung

Frankreich: Widerstand gegen rechten Durchmarsch ins Parlament

  • Ralf Klingsieck, Paris
  • Lesedauer: ca. 3.0 Min.

Am Montag hat in Frankreich der offizielle Wahlkampf für die Parlamentswahlen am 10. und 17. Juni begonnen. Dabei könnten die Konservativen um den neuen Präsidenten Nicolas Sarkozy einen deutlichen Sieg erringen.

Um die 577 Sitze in der Nationalversammlung bewerben sich insgesamt 7750 Kandidaten. Erfahrungsgemäß sichern die 44,5 Millionen Wähler in Frankreich einem gerade neu installierten Präsidenten eine Parlamentsmehrheit seiner Couleur, damit er seine angekündigte Politik auch umsetzen kann. Doch diesmal könnte diese Mehrheit für Sarkozy und das rechte Lager so erdrückend ausfallen, dass die Linke kaum noch in der Lage wäre, eine wirksame Opposition zu bilden. Aktuellen Umfragen und Hochrechnungen zufolge könnte die rechte Einheitspartei UMP mit 365 bis 415 Sitzen in der Nationalversammlung rechnen, während die Sozialisten 137 bis 153, die Kommunisten nur zwei bis neun, die Grünen einen bis zwei und François Bayrous neue Zentrumspartei MoDem zwei bis zehn Sitze bekommen würden. Entsprechend einer vom sozialistischen Premier Lionel Jospin 2002 betriebenen Verfassungsänderung wurde die Amtszeit des Präsidenten von sieben auf fünf Jahre verkürzt und so an die Legislaturperiode des Parlaments angepasst. Die Wahlen finden also jetzt und künftig immer im selben Jahr und in der gleichen Folge statt - erst der Präsident, dann das Parlament. Damit sollte die Gefahr einer lähmenden »Cohabitation« - das Nebeneinander eines rechten Präsidenten und einer linken Regierungsmehrheit oder umgekehrt - vermieden werden. Damit wurde aber auch ein Doppelsieg des einen Lagers und eine Doppelniederlage des anderen programmiert. Entsprechend konnte Frankreichs Linke nach der Niederlage der sozialistischen Präsidentschaftskandidatin Ségolène Royal nur noch Kurs auf Schadensbegrenzung nehmen, um so viele Wahlkreise wie möglich zu bewahren und so im Parlament eine glaubwürdige Opposition zu bilden, die man nicht ohne weiteres übergehen kann. Darum argumentieren die linken Parteien, es komme jetzt darauf an, »Sarkozy nicht alle Macht zu überlassen«. Das Parlament dürfe »nicht dazu verkommen, die Entscheidungen des Präsidenten und seiner Regierung nur noch durchzuwinken«. Der politische Schachzug Sarkozys, einige linke Persönlichkeiten in seine rechte Regierung aufzunehmen, zeigt bereits Wirkung. Entsprechend vehement und verbittert hat die Sozialistische Partei auf diesen »Verrat einiger prinzipienloser Arrivisten« reagiert. Sie selbst ist aber durch den inneren Zwist und die Schuldzuweisungen für die Niederlage ihrer Präsidentschaftskandidatin so gelähmt und geschwächt, dass sie keinen dynamischen Wahlkampf auf Landesebene führen und erst recht keine Identifikationsfigur dafür präsentieren kann. So kommt es bei dieser Wahl vor allem auf die Stärken der Kandidaten und ihrer Anhänger vor Ort an. Deren Chancen hängen aber oft davon ab, welche rechten Bewerber ihnen gegenübergestellt werden und wie sich die anderen Linken an ihrer Seite verhalten. In den zurückliegenden Wochen haben die Parteiführungen der Sozialisten, der Kommunisten und der Grünen intensiv darüber verhandelt, wer in welchen Wahlkreisen einen Kandidaten in aussichtsreicher Position aufstellen soll, der im ersten Wahlgang eine relative Mehrheit erringen könnte und dann im zweiten Durchgang von den anderen Parteien unterstützt würde. Die Grünen haben diese Verhandlungen verbittert abgebrochen, weil sich die Sozialisten nicht ihrer Forderung beugen wollten, ihnen zwölf »sichere« Wahlkreise zu überlassen. Allein können sie aber bestenfalls mit drei oder vier Sitzen rechnen. Für die Kommunisten, die weiterverhandelt haben, geht es darum, von ihren heute noch 22 Sitzen in der Nationalversammlung wenigsten die 20 zu bewahren, die laut Geschäftsordnung für die Bildung einer Fraktion nötig sind. Doch selbst ihr bisheriger Fraktionsvorsitzender Alain Bouquet, der selbst nicht wieder kandidiert, rechnet mit dem Verlust von zehn Sitzen. Angesichts dieser Gefahr appelliert die Parteivorsitzende Marie-George Buffet an die Sozialisten: »Überall dort, wo die reale Gefahr besteht, dass ein bisher von einem Linken gehaltener Wahlkreis verloren geht, oder wo ein rechter Parlamentarier diesmal durch einen Linken geschlagen werden könnte, sollten wir gemeinsam die nötige Dynamik der Volksmassen entfachen, um dem jeweils bestplatzierten linken Kandidaten und...

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