Gaza wird zum Gordischen Knoten

Innerpalästinensische Kämpfe und Angriffe Israels lassen die Lage im Streifen eskalieren

  • Oliver Eberhardt, Jerusalem
  • Lesedauer: ca. 2.0 Min.

Die Kämpfe im und um den Gaza-Streifen herum nehmen kein Ende: Fatah-Leute kämpfen gegen Hamas-Aktivisten, die wiederum Raketen auf Israel abfeuern, und das Militär antwortet mit Luftangriffen und Granatbeschuss.

Kein Tag vergeht im Gaza-Streifen, ohne dass sich Kämpfer der Fatah des palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas und der Hamas von Premier Ismail Hanija erbitterte Kämpfe liefern, an dem keine Menschen im Kugelhagel sterben. Kein Tag vergeht mehr, an dem das israelische Militär keine Luftangriffe auf Gaza und die umliegenden Flüchtlingslager fliegt. Denn auf der anderen Seite der Grenze, in Sderot, leiden die Menschen unter einem mittlerweile fast stündlichen Beschuss mit Kassam-Raketen, die nun nicht mehr nur in der Wüste, sondern in Schulen, Kindergärten und Wohngegenden einschlagen; viele haben deshalb die Stadt verlassen. Wer angefangen hat, weiß niemand so genau: Aktivisten der Fatah-nahen Al-Aksa-Brigaden im Westjordanland vermuten, dass am Beginn ein Machtkampf zwischen dem Hamas-Falken Mahmud Sahar und Mohammad Dahlan, einem der Gaza-Anführer der Fatah, stand. Daraufhin habe die Hamas wohl den seit Dezember geltenden Waffenstillstand mit Israel aufgekündigt und den Raketenbeschuss wieder aufgenommen, um den Druck auf die Führung der Fatah zu verstärken. Denn dass Israel sich das nicht gefallen lassen würde, war klar. Das Ergebnis ist eine Situation, die ausweglos erscheint: Keiner der mittlerweile fünf Waffenstillstände, die die Führungen der beiden Fraktionen ihren Kämpfern verordnet haben, hat gehalten - denn ihre örtlichen Vertreter im Gaza-Streifen verfolgen eigene Ziele: Sie wollen die Macht in dem Landstrich. Auf der anderen Seite waren derweil rechte Politiker schnell mit der Forderung zur Stelle, das Militär solle schleunigst in den Gaza-Streifen einmarschieren und Raketenbeschuss wie bürgerkriegsähnlichen Zuständen ein Ende bereiten. Aber die Regierung von Premier Ehud Olmert ist vorsichtig geworden und setzt im Moment auf gezielte Luftangriffe, eine teilweise Evakuierung Sderots sowie Drohungen. Niemand, auch Hanija und Hamas-Anführer Chaled Maschaal in Damaskus nicht, sei sicher, wenn der Kassam-Beschuss nicht aufhöre. »Der Libanon-Krieg hat gezeigt, dass man gegen Organisationen keinen Krieg gewinnen kann. Deren Mitglieder verstecken einfach ihre Waffen und sehen dann aus wie normale Menschen«, sagt der Fernsehjournalist Ariel Pines, »Deshalb diese Zurückhaltung. In Gaza kann man sich nur eine blutige Nase holen.« So deutet einiges darauf hin, dass Israel zunächst einmal auf die diplomatische Karte setzt. Man werde Abbas stärken, heißt es aus Regierungskreisen. Zudem bereitete Außenministerin Zipi Livni die ausländischen Botschafter bei einem Treffen auf eine neue Marschrichtung vor: Möglicherweise würden nur ausländische Truppen in Gaza, nach dem Vorbild der Blauhelme in Südlibanon, aber mit mehr Kompetenzen, eine Besserung bringen. Doch genauso wenig, wie Israel derzeit im Gaza-Streifen dauerhafte militärische Präsenz zeigen will, haben ausländische Regieru...

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