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Proteste bei Neuer Halberg Guss

Unternehmen hat die Schlichtungsverhandlungen über einen Sozialtarifvertrag überraschend verlassen

  • Hans-Gerd Öfinger
  • Lesedauer: 3 Min.

Im Tarifkonflikt zwischen der IG Metall und dem Autozulieferer Neue Halberg Guss (NHG) stehen die Zeichen wieder auf Zuspitzung und Protest. »Die nächsten Aktionen sind für die kommende Woche beabsichtigt«, erklärten die IG-Metall-Bezirksleiter Jörg Köhlinger (Mitte) und Olivier Höbel (Berlin-Brandenburg-Sachsen) in übereinstimmenden Verlautbarungen am Donnerstag.

Die Gewerkschaft fordert einen Sozialtarifvertrag über eine Qualifizierungsgesellschaft und einen Treuhandfonds zur Abfederung von Arbeitsplatzverlust. Auslöser der neuerlichen Wende ist die Ankündigung der NHG-Chefs, sich aus dem seit Ende Juli laufenden Schlichtungsverfahren zurückzuziehen. Auf dieses hatten sich beide Seiten nach über sechs Wochen Streik geeinigt. Mit der Ankündigung von »Aktionen« zielt die IG Metall nun offenbar nicht auf eine Fortsetzung des Streiks, sondern auf andere Protestformen ab. »Wir kämpfen weiter für ein Fortführungskonzept und den Erhalt der Arbeitsplätze«, erklärten die Bezirksleiter. Am Donnerstag besprachen Gewerkschaftssekretäre mit den Belegschaften in den beiden Werken Saarbrücken und Leipzig die Lage.

Den schwarzen Peter für die Gewerkschaft

Das Unternehmen schiebt den schwarzen Peter der IG Metall zu, die mit »Maximalforderungen« die aktuellen Verkaufsverhandlungen mit potenziellen Investoren gefährde. Offenbar drohen die Manager jetzt mit 1700 Entlassungen in beiden Werken. Dies wäre ein Großteil der rund 2200 Arbeitsplätze. Die Drohung hat in den Werken Empörung ausgelöst. Ebenso hätten Beschäftigte die Streikstrategie kritisiert, berichtete der Saarländische Rundfunk.

Für die IG Metall kam der Ausstieg aus der Schlichtung »völlig überraschend«. Die Option, über einen Verkauf einen Neuanfang für das Unternehmen zu ermöglichen, sei »ein richtiger Schritt, da das gestörte Vertrauensverhältnis zwischen den Eigentümern und ihren Kunden sowie der Belegschaft für die Zukunft eine schwere Hypothek darstellt«. Knackpunkt in den stockenden Verkaufsverhandlungen ist für die IG Metall der vom NHG-Eigentümer geforderte Kaufpreis. Das Unternehmen versuche, »die IG Metall und die Streikenden zu diffamieren, um vom eigenen verantwortungslosen Handeln abzulenken«. Dabei habe die Gewerkschaft stets Wege für eine Lösung gesucht. »Erst der sechswöchige Streik hat NHG dazu veranlasst, überhaupt über Alternativen zu massivem Arbeitsplatzabbau nachzudenken. Das ist ein Erfolg der Belegschaften«, so Köhlinger und Höbel.

NHG gehört seit Jahresbeginn der bosnischen Prevent-Gruppe. Ihr werfen Metaller vor, Autozulieferer aufzukaufen, mit Lieferboykotts bei Autokonzernen immense Preiserhöhungen durchzudrücken, die Betriebe finanziell auszupressen und sie dann zu schließen.

Forderung nach Enteignung von Prevent

Unterdessen erneuerte Saar-Linksfraktionschef Oskar Lafontaine seine Forderung nach Enteignung und Verstaatlichung von NHG, um die Werke und Arbeitsplätze zu retten. Dazu genüge ein einfaches Landesgesetz und der Verweis auf Grundgesetzartikel 14, der Enteignungen »zum Wohle der Allgemeinheit« für zulässig erklärt, so Lafontaine. In diesem Sinne forderte er die CDU-SPD-Landesregierung zum Handeln auf.

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