Regierung will Frauenhäuser stärken

Frauenministerin Giffey eröffnet Runden Tisch mit Vertreterinnen von Bund, Ländern und Kommunen

  • Lotte Laloire
  • Lesedauer: 3 Min.

Frauen, die Gewalt erfahren, können doch ins Frauenhaus gehen - denkt man. Nicht immer, denn viele Schutzeinrichtungen sind voll belegt. 6154 Frauen mussten im letzten Jahr allein bei katholischen Einrichtungen abgewiesen werden, wie der Verein Frauenhauskoordinierung berichtet.

Abhilfe soll nun ein Runder Tisch schaffen, den die Frauenministerin Franziska Giffey (SPD) am Dienstag in Berlin eröffnet hat. Der Tisch soll Vertreterinnen von Bund, Ländern und Kommunen zusammenbringen, um die Unterstützung von Fraueneinrichtungen künftig besser zu koordinieren. Im Fokus stehen der Ausbau und die Finanzierung von Frauenhäusern entsprechend des Bedarfs sowie die Verbesserung von Hilfs- und Betreuungsmaßnahmen. Giffey betonte, sie wolle »für die betroffenen Frauen konkret etwas verbessern und Hilfestrukturen vor Ort stärken«.

Zu diesem Zweck sieht der Haushaltsentwurf der Bundesregierung aktuell 5,1 Millionen Euro vor. Im Jahr 2020 sollen dann 30 Millionen Euro durch den Bund bereitgestellt werden. Welche Projekte konkret von dem Geld profitieren werden, konnte die Ministerin nicht benennen, da die Förderrichtlinien erst gemeinsam, also von Vertreterinnen und Vertretern aller drei Ebenen, ausgearbeitet werden sollen.

Einen Grund für den dringenden Bedarf nannte die Bremer Frauensenatorin und amtierende Vorsitzende der Konferenz der Gleichstellungs- und Frauenministerinnen und -minister, Anja Stahmann (Grüne): »Jeden dritten Tag wird eine Frau von ihrem Partner ermordet.« Laut Giffey sind allein im Jahr 2016 »fast 110 000 Frauen Opfer von versuchten oder vollendeten Delikten - darunter Mord, Totschlag, Körperverletzung, Bedrohung, sexuelle Nötigung oder Vergewaltigung - durch ihre Partner oder Ex-Partner« geworden. Angesichts dessen müsse das Schutzangebot für Frauen dringend verbessert werden. Derzeit gibt es insgesamt rund 350 Frauenhäuser in Deutschland.

Als größte Probleme sieht die Ministerin sowohl den Mangel an Frauenhausplätzen insgesamt als auch die Tatsache, dass freie Plätze oft nicht zum Bedürfnis der jeweiligen Betroffenen passen. So gebe es nach wie vor Einrichtungen, die nicht barrierefrei seien oder andere, in denen Frauen ihre jugendlichen Söhne nicht mitbringen dürften. Auch aufgrund bürokratischer Hürden werden beispielsweise Studentinnen nicht immer in Frauenhäuser aufgenommen, da sie nicht unter die Sozialgesetzgebung fallen, so lange Eltern noch unterhaltspflichtig sind. »Wir wünschen uns aber, dass jede Frau unabhängig von ihrem sozialen oder Aufenthaltsstatus Zugang hat«, so Stahmann.

Diesen Wunsch teilen auch Vertreterinnen von Frauenorganisationen, von denen zunächst keine zum Runden Tisch eingeladen war. So etwa Heike Herold, die Geschäftsführerin des Vereins Frauenhauskoordinierung: »Die bisherige Förderung von Ländern und Kommunen nach politischem Willen und Kassenlage bei steigendem Einsatz von Eigenmitteln der Träger ist nicht länger hinnehmbar.« Herold nennt den Runden Tisch einen »guten ersten Schritt«, geht aber noch weiter und fordert einen Rechtsanspruch auf Schutz und Beratung, durchaus für beide Geschlechter.

Eine derartige Lösung will Giffey nach eigener Aussage ebenso prüfen wie eine Kostenübernahme für die Unterbringung im Frauenhaus. Nicht beschäftigen will sie sich am Runden Tisch mit Prävention oder den meist männlichen Tätern, obwohl dies selbstverständlich auch in den Aufgabenbereich ihres Ministeriums falle: »Aber das ist eine breitere Diskussion und eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.«

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