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Zur Debatte über »Aufstehen«, den Sonderfall Maaßen und die Mietenwende

  • Lesedauer: 15 Min.

Vernünftiges Miteinander

Zu »Eine Hemmschwelle gibt es nicht mehr«, 3.9., S. 5; online:dasND.de/1099190

Die Flüchtlingsproblematik sollte sachlich und kritisch diskutiert werden. Wir haben die Flüchtlinge hier, und sie sind aus gutem (bösem) Grund gekommen, und wir müssen damit zurechtkommen. Das ist in erster Linie Sache der Politik und keine der Straße. Der immer wieder beschworene »Rechtsruck«, auch international, erzeugt Verunsicherung. Dabei bleiben Themen auf der Strecke, die viel intensiver angesprochen und gelöst werden müssen, wie das Klimaproblem. Es wird von CO2-Senkung gesprochen und weiterhin hochgerüstet und zum Krieg getrieben. Die Verkehrsproblematik wird kaum angegangen und die Ressourcenausbeutung immer weitergetrieben. Dabei sind wir auf dem Weg in den Abgrund. Sollten wir uns nicht endlich hier in Europa auf ein vernünftiges Miteinander einigen? Dazu muss man aber miteinander reden und nicht sich gegenseitig bekämpfen!
Heide Helgert, Leipzig

Tiefgründige Überlegungen gefordert

Zu »So ticken Wagenknecht-Anhänger«, 4.9., S. 2; online: dasND.de/1099349

Die Prozent-Feststellungen, wer Wagenknecht mag oder einer ihrer Anhänger sei,

ob es dabei mehr alte oder junge, männliche oder weibliche seien sowie das politische Selbsteinstufen auf Punkteskalen halte ich für ein absurdes Unterfangen. Man kann ein Zustimmer, Ablehner, Befürworter oder Gegner der aufstehen-Bewegung sein, ohne Sahra Wagenknecht und Oskar Lafontaine zu mögen oder abzulehnen, nur weil sie deren maßgebliche Initiatoren waren. Inzwischen sind es beträchtlich mehr, auch sehr bekannte Persönlichkeiten. Es ist schließlich keine Modeerscheinung, bei der ein neuer Trend den Menschen untergejubelt werden soll. Und es geht auch nicht um Egotrips bekannter Persönlichkeiten, wie teilweise diskriminierend in Diskussionen geäußert wird. Die Fragwürdigkeit der Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, die Schieflage Armut/Reichtum, die unsinnig steigenden Rüstungsausgaben, die Umweltpolitik in Deutschland, die Bekämpfung der Fluchtursachen etc. erfordern doch tiefgründigere Überlegungen als jemand zu mögen.
Ute Knorr, per E-mail

Pro und Kontra »Aufstehen«

Zu »LINKE geht zu Aufstehen auf Distanz«, 10.9., S. 5; online: dasND.de/1099866

Im November 1989 startete Stefan Heym seinen Aufruf »Für unser Land«, um zu verhindern, was dann durch die Übernahme der DDR durch die BRD passierte.

Ein Phänomen: Egon Krenz (kurze Zeit Generalsekretär der SED) erklärte sich zum Unterstützer dieses Anliegens. Im Moment seiner Verlautbarung wurde unmittelbar stiller massenhafter Widerspruch in der DDR-Bevölkerung deutlich. Wohl Ablehnung, und ein »Nein« allein der nicht mehr vertrauenswürdigen Person und seiner Position wegen. Und so scheiterte ein Versuch bereits im Kern. Ähnliches könnte passieren, würde sich die LINKE (auch in oder trotz bester Absicht) an die Spitze von »Aufstehen« stellen.

Dass sich aber die LINKE-Führung in Mehrheit eher gegen »Aufstehen«stellt, ist für uns völlig unverständlich und erschreckend. Linke Politik und Erfolge ihres Tuns für Menschen sind uns, die wir uns auch für »Aufstehen« interessieren, wichtiger als Parteidisziplin oder Parteigehorsam. Oder was steckt hinter dieser Ablehnung? Machtverlust? Angst? Wovor? Oder geht es um (ja, welche) Interessen?

Umso mehr, wenn wir die Arroganz eines linken Alleinvertretungsanspruchs unserer LINKEN spüren. Bedeutet die ablehnende Haltung nicht auch, dass Menschen abgelehnt werden, die andere, aber vom Grundsatz linke Ideen und demokratische Haltungen befördern wollen? Kommt das Ausschlagen bzw. Ablehnen neuer linker Ideen einer wachsenden Missachtung von Denken gleich? Ist dies eine Art von Ablehnung aus Prinzip? Eine Form der Geringschätzung gegenüber mehr als 130 000 Unterstützern der Bewegung gegenüber ca. 65 000 Genossen (darunter viele Befürworter von »Aufstehen«) in der LINKEN?

Gerade, weil es sich bei der Bewegung nicht um eine Partei handelt, derer viele inzwischen überdrüssig sind und auch, weil tatsächlich zu wenig auf real verschlechterte und immer stärker ungleiche Bedingungen und Bedürfnisse eingegangen oder daran etwas geändert wird, will sich eine steigende Zahl kritischer, meist links von der Mitte denkender Bürger für eine tatsächliche aktive Demokratie, für Interessenvertretung und bessere Lebensbedingungen einsetzen.

Wir sind an einem Punkt angelangt, wo wir jeden benötigen, der auch nur halbwegs an unserem Strang zieht, um Schlimmeres gerade in naher Zukunft zu vereiteln, Frieden stiftendes, Verbindendes zu stärken. Lasst uns diesen unsinnigen Konkurrenzkampf produktiv machen.
Horst Martin und Cornelia Gottschalk, Potsdam

Monatelang tingelte die amtierende Fraktionsvorsitzende der LINKEN, Sahra Wagenknecht, durch die bürgerlichen Medien und strapazierte Zuhörer und Leser mit der Idee von einer linken Sammlungsbewegung »Aufstehen«. Das tat sie an allen Gremien und Mitgliedern der Partei vorbei, die ihr noch immer den Fraktionsvorsitz im Bundestag zugesteht. Nicht mal das höchste Gremium, den Parteitag, nutzten sie und ihre innerparteilichen Unterstützer, sich einer Debatte darüber zu stellen. Bei so viel Dreistigkeit muss ich mich erst mal sammeln. Hinzu kommt, dass die führenden Sammler aus der LINKEN, die Partei umkrempeln wollen. Ob es da noch hilft, jene die entsprechende Reden halten und Interviews geben, daran zu erinnern, dass zunächst die eigene Parteiprogrammatik der Maßstab des politischen Handelns zu sein hat? Als Mandats- und Funktionsträger oder als einfaches Basismitglied.

Besonders die Führung einer Partei und Fraktion sind aufgefordert, auch außerhalb von Wahlkämpfen für eine breite Zustimmung ihrer Politik zu werben. Das schließt ein, dafür zu kämpfen, dass ihre Politikangebote in die Öffentlichkeit gelangen und dass der Diskurs darüber zu einer noch stärkeren Verankerung in die Gesellschaft beiträgt. Das heißt, sie auch bündnisfähig für andere potenzielle Partner zu machen. Genau an dieser Stelle haben Sahra Wagenknecht und Oskar Lafontaine ihre Arbeitsplatzbeschreibung nicht verstanden. Denn wenn hier was gesammelt werden soll, genügt es nicht, publikumswirksame Reden zu halten und auflagenstarke Bücher zu schreiben. Dazu bedarf es eigener Integrationsfähigkeit und Bündnisfähigkeit, die ich vor allem diesen Personen abspreche. Bis in die jüngste Vergangenheit wetterte gerade Wagenknecht gegen Regierungsbündnisse, woran ihre Partei beteiligt war und ist. Kritik kann sicher ein Mittel sein, das die Dinge vorantreibt - aber nur, wenn sie konstruktiv und solidarisch ist. Da wurden rote Haltelinien schnell zu Fallstricken. Und wer schon bei dem Vorspiel zu »Aufstehen« derart unaufrichtig ist, da er nicht mal den Dialog zuerst mit der eigenen Partei sucht, wie empfangsbereit ist man dann erst für mögliche Angebote anderer Partner aus dem linken Lager?

Für mehr als ärgerlich halte ich, dass sich im Gründungsaufruf Forderungen und Gedanken wiederfinden, die von der Partei DIE LINKE. hätten abgeschrieben sein können: sichere Arbeitsplätze, gute Löhne, gerechte Steuern, Beendigung von Privatisierungen und sie rückgängig machen, exzellente Bildung für alle. Aber im LINKE-Wahlprogramm (2017) liest man von 12 Euro Mindestlohn, einer Grundsicherung von 1050 Euro, von einem Spitzensteuersatz von 53 Prozent, von einem Neuanfang der EU und ferner von der Ablehnung von Kampfeinsätzen. Was gilt nun? Das Wahlprogramm der LINKEN oder der Gründungsaufruf der»Aufsteher«?
René Lindenau, Cottbus

Geistige Verrohung

Zu »Kein Schweigen in Chemnitz«, 1.9., S. 1; online: dasND.de/1099142

Ein deutscher Familienvater, so hörte ich im Radio, sei am Rande eines Stadtfestes in Chemnitz zum tödlichen Opfer eines 22-jährigen Irakers geworden. Gut gewählt, diese Hervorkehrung, um die Stimmung in Sachsen ein weiteres Mal so richtig anzuheizen. Wie viele ausländische Familienväter von Neonazis in Deutschland umgebracht wurden, so sie nicht vorher im Mittelmeer ersoffen sind, ist für den braven deutschen Normalverbraucher demgegenüber irrelevant. Ist doch eh alles nur Gesindel, diese schmarotzende Ausländerhorde mit ihren Kopftuchweibern und Kinderscharen, welche die edle deutsche Rasse solange durchmischen wird, bis von den Herrenmenschen nichts mehr übrig ist. Blicke ich im Fernsehen in die hasserfüllten Gesichter und höre die Kommentare, erschrecke ich vor dieser primitiven Pauschalisierung und dem fehlenden Mitgefühl für solche Flüchtlinge, die in Not geraten sind.

Die mit geistiger Verrohung verbundene zunehmende rassistische Gewaltbereitschaft in Deutschland, die Gesetze der Humanität negiert, erinnert mich als gebranntes Kriegskind an Denkweisen in der Nazizeit. Als Jugendlicher war ich nach dem Krieg überzeugt, die Nazibarbarei wäre in ihrer Ungeheuerlichkeit nicht wiederholbar. Jetzt bin ich mir da nicht mehr so sicher.
Karl-Ernst Lüdtge, Berlin

Freie Entwicklung kaum möglich

Zu »Deutschlands größter islamischer Safe Space«, 11.9., S. 5; online: dasND.de/1099997

In der Presse wird von der Ahmadiyya- Muslim-Gemeinde oft als einer »islamischen Reformbewegung« gesprochen, was dem Selbstbild der Gemeinde entspricht. Gibt es denn tatsächlich Gründe für diese Bezeichnung? Der einzige Grund, der mir bekannt ist, wäre, dass Ahmadis im Vergleich zu anderen Muslimen eine wortwörtliche Interpretation des Korans ablehnen und daher eine friedliche Interpretation des Jihades vorlegen. Im westlichen Sinne kann die Ahmadiyya jedoch keineswegs als liberale und reformierte Gemeinde gelten. Beispielsweise ist Homosexualität verboten und wird meiner Erfahrung nach in der Gemeinde tabuisiert, da sie als unnatürlich angesehen wird. Außerdem habe ich erlebt, dass eine strikte Geschlechtertrennung in allen Lebensbereichen außerhalb der Familie eingehalten wird, wobei jede Frau der Gemeinde sich verhüllen soll. Somit sollen Liebesheiraten verhindert werden, denn die Ehen werden innerhalb der Gemeinde arrangiert, sonst könnte - v.a. für Frauen - ein Ausschluss aus der Gemeinde drohen.

Ich erlebe sehr traditionelle Geschlechterverhältnisse. Die Frauen sind zwar hochgebildet, dennoch sollen sie laut Empfehlung des Kalifen sich nur bilden, um ihre Kinder gut erziehen zu können. Die meisten Ahmadis leben in Parallelgesellschaften, weil genug eigene Veranstaltungen der Gemeinde stattfinden und die Kinder vor westlichen Einflüssen beschützt werden sollen. Der Kalif - das Oberhaupt der Gemeinde - gibt Anweisungen für alle Lebensbereiche der Gemeindemitglieder, die von allen streng befolgt werden müssen. Die Einhaltung dieser Gebote wird durch die enge Gemeinschaft sozial kontrolliert, was zu einem starken Konformitätsdruck führt und keinen Raum für eine freie persönliche Entwicklung lässt. Nach diesen persönlichen Erlebnissen als Mitglied verstehe ich nicht, wie eine Gemeinde mit solchen sektenhaften und autoritären Zügen als eine liberale, reformierte und gut integrierte Gemeinde bezeichnet werden kann.
Naureen Ghanry, Frankfurt

Sonderfall Maaßen

Zu »Ein Freund ein guter Freund«, 24.9., S.1 ; online: das ND.de/ 1101372

Eine neue Planstelle als Sonderberater wird extra für Maaßen geschaffen. Meine Prognose: Mündet die bayerische Landtagswahl nach dem Münchner Oktoberfest 2018 in einem CSU-Desaster, dann verlieren Horst Seehofer als Bundesinnenminister und Hans-Georg Maaßen als sein Sonderberater wahrscheinlich beide ihre Posten. Das wird der Anfang vom Ende der GroKo 4.0 sein.

In den letzten drei Umfragen steht die SPD im Durchschnitt auf 18,2 Prozent, also 2,3 Prozentpunkte unter dem Bundestagswahlergebnis. Mit dieser Anbiederung an die Union hat sie gewiss schon wieder weitere Sympathien verloren. Vor allem deshalb, weil sich die SPD so uneins darüber ist, wie man sich zu der Maaßen-Affäre verhalten soll. Von fast schon alter revolutionär anmutender Ablehnung Maaßens im Juso-Sprech durch Andrea Nahles, die man so schon lange nicht mehr von ihr gehört hat, und der klaren Haltung von Marco Bülow bis zur stillschweigenden Duldung ist ja wieder einmal alles dabei.

Und von einem Austritt aus der Koalition, der vollmundig angekündigt war, will nun auch keiner mehr etwas wissen. Woran es der SPD heute (und schon lange mangelt), ist Konsequenz.
Lothar Wolfram Teufel, per E-Mail

Auf mich wirkt die ganze Causa Maaßen wie ein Theater aus dem Tollhaus. Auch die neue Entwicklung kann doch keine Glaubwürdigkeit oder geschweige neues Vertrauen in diese Bundesregierung herstellen. Die Entschuldigungen von Frau Merkel und Frau Nahles sind nicht glaubhaft und eher scheinheilig, denn die Beförderung von Herrn Maaßen war schon gewollt und im Sinne der Regierung für »besondere Leistungen«.

Es gibt genug Fälle aus der Vergangenheit, wie die des Bundeswehrgenerals in Afghanistan, der an die hundert Zivilisten tötete und nicht zur Verantwortung gezogen, sondern später auch noch befördert wurde. In diesen Fällen spricht man von Machtwissen, das auch ein Herr Maaßen besitzt und vor dem die GroKo in die Knie gezwungen wird. Außerdem steht da noch die Frage im Raum, ob nun Frau Nahles oder Herr Seehofer die Wahrheit gesagt haben, wonach die jetzige gleichwertige Versetzung des Herrn Maaßen bereits von Anfang an im Gespräch war? In dieser Angelegenheit besteht noch Klärungsbedarf.
Thomas Henschke, Berlin

Alles nur geklaut

Zu »Neue Töne von der SPD in Sachen Mieterrechte«, 10.9. S. 5; online: dasND.de/1099865

Die Mehrzahl der Vorschläge für eine mieterfreundlichere Politik aus dem Papier »Mietenwende jetzt« der SPD-Parteivorsitzenden und ihres Stellvertreters ist nicht nur seit Jahren bekannt, sie wurden in den vergangenen Jahren ausgiebig im Plenum des Deutschen Bundestages debattiert und dort von der SPD abgelehnt. Es wäre nicht das erste Mal - schauen wir uns etwa die Forderungen nach einem flächendeckenden, gesetzlichen Mindestlohn oder die »Ehe für Alle« als prominente Beispiele an -, dass die SPD langjährige Forderungen der LINKEN übernimmt.

Seit 2011 fordert DIE LINKE Mieterhöhungen nur in Höhe des Inflationsausgleiches zu ermöglichen bzw. zu begrenzen. Für viele Mieterinnen und Mieter, die aus ihren angestammten innerstädtischen Wohngegenden verdrängt wurden, kommt diese Initiative zu spät. Zumal sie in einer GroKo keine Chancen auf Realisierung hat. Spätestens zu Beginn der vergangenen Legislaturperiode im Oktober 2013 hätte die SPD eine mieterfreundliche und vor allem auch wirksame Politik einleiten können. Die Vorschläge der Fraktion DIE LINKE lagen dazu alle auf dem Tisch. Ein Hinweis zur verfassungsgemäßen Umsetzung: Eine Mieterhöhungsbegrenzung im Rahmen des Inflationsausgleichs klappt nur, wenn dies im gesamten Bundesgebiet umgesetzt und eingeführt wird. Viele weitere Vorschläge wie etwa verbilligte Abgabe von bundeseigenen Grundstücken an kommunale oder genossenschaftliche Wohnungsbaugesellschaften, öffentlich geförderter Wohnraum muss dauerhaft günstig und sozialgebundener Wohnraum bleiben, Missbrauch bei der Grunderwerbssteuer mittels »Share-Deals« beenden, kommen von uns. Mir bleibt nur der Rat an die SPD, unsere oben genannten Anträge noch einmal gründlich zu lesen und sich - wenn auch fünf bis acht Jahre verspätet - zu eigen zu machen.
Heidrun Bluhm, MdB, DIE LINKE

Nicaraguas Zukunft

Zu »Mehr Plus als Minus in Ortegas Bilanz«, 15./16.9., S. 3; online: Das ND.de/1100450

Es ist mir unverständlich, wie ein Journalist ein Staatsoberhaupt lobt und unterstützt, während dieser Propaganda, Mord und Meinungsverbot in seinem Land vollzieht.

Es stimmt, dass das Bildungssystem größtenteils kostenlos ist. Die Qualität und Ausstattung der öffentlichen Schulen sind jedoch meist mangelhaft. Chancen auf eine gute Schulbildung haben meist nur Schüler der zahlreichen Privatschulen. Das Gesundheitssystem ist nicht kostenlos. Oft legen Familien ihr ganzes Geld zusammen, um eine lebensnotwendige Medizin oder Behandlung bezahlen zu können.

Und was meinen Sie mit »Das alles steht jetzt auf dem Spiel«? Etwa die totale Autokratie von Ortega? Dass seiner Familie die meisten großen Geschäfte, wie auch Radio- und Fernsehsender gehören und überall Plakate von ihm sind? Ortegas unrechtmäßige Wiederwahl 2016? Dass viele Studiengänge/Berufe nur als Parteimitglied der »FSLN« angetreten werden können?

Die derzeitige Situation in Nicaragua ist alles andere als »ein Spiel«. Es gibt über 450 Tote. Ich selbst war Augenzeuge, wie auf friedliche, unbewaffnete Demonstranten brutalst eingeschlagen und auch geschossen wurde. Vom 19. bis 21. April 2018 gab es 67 Tote in Nicaragua, und in den von Ortega kontrollierten Sendern gab es darüber keine Berichte. Zurzeit führen, von Ortega bezahlte und bewaffnete Paramilitärs, sogenannte »Säuberungen« durch. Und Sie, Herr Klemm sind der Meinung, dass »all dies jetzt auf dem Spiel steht« und hoffen, dass dieser Mann weiterhin an der Macht bleibt? Dies macht mich fassungslos und wütend zugleich.
Timon Huber, Loßburg

Danke für den ausgewogenen Kommentar. Besonders freut mich, dass trotz der klaren Benennung der Probleme der Regierung Ortega - und der verlustreichen Kämpfe - der Blick auf die Situation der proletarischen und plebejischen Bevölkerung des Landes gerichtet wurde, die der immer noch sandinistischen FLNS bislang die Treue hält. Denn von einer »Sozialistischen Tageszeitung« erwartet man schon, dass sie bei dem »alten« Klassenstandpunkt bleibt: Links ist, was den arbeitenden Menschen hilft! Wie weit das Sandinistische Projekt trägt, wird sich allerdings daran erweisen, ob die heutige Regierungspartei für die nächste Wahl einen überzeugenden Präsidentschaftskandidaten aus der nächsten Generation und natürlich nicht aus der Familie Ortega aufstellen wird. In den sandinistischen Massenbewegungen sollte es kämpferische und führungsstarke Frauen und Männer geben. Gerade die nicaraguanischen Frauen haben viel Potenzial. Nicaragua hat, vor allem in der mittleren Generation, eine politisch gereifte Bevölkerung und wird deshalb auch in Zukunft das Epizentrum eines sozialen und politischen Aufbruchs in Zentralamerika bleiben.
Dr. Peter Hamann, Leipzig

Keine 24-Stunden-Kita

Zu »Längst überfällig«, 26.9., S. 5; online: dasND.de/1098830

Die Argumentation von Falk Steiner, dass 24-Stunden-Kitas »längst überfällig« seien, macht mich regelrecht wütend! Was er in seiner sehr theoretischen Sichtweise völlig ausblendet, sind die Bedürfnisse der ErzieherInnen. In der Presse werden pädagogische Fachkräfte immer nur als gesichtslose Notwendigkeit für gesellschaftliche Anforderungen dargestellt.

Ich arbeite selbst als Erzieherin in einer städtischen Kita und fühle mich in seiner Position nicht gesehen. Wir sind meist selbst Mütter und haben Familien. Nicht wenige haben den Beruf nicht nur aus Idealismus gewählt, sondern auch um feste Arbeitszeiten zu haben, die ein eigenes Familienleben ermöglichen. Eine 24-Stunden-Kita würde Erziehern Schichtarbeit aufzwängen, die für sie nicht praktikabel wäre. Aus der Praxis weiß ich, dass es für Kinder sehr wohl einen Unterschied macht, ob sie in der Kita oder zu Hause sind, denn es ist ein Unterschied, ob sich zu Hause eine Bezugsperson um ein oder zwei eigene Kinder kümmert oder eine Person in einer Kita um 15 Kinder oder mehr kümmert. Kinder brauchen mehr als nur Bildung. Die Personalsituation im Moment sichert nicht einmal einen zufriedenstellenden Qualitätsstandard tagsüber.
Susann Jäckel, per E-Mail

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