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  • Rechtsterrorismus in Sachsen

Waren Mitglieder von »Revolution Chemnitz« den Behörden bekannt?

LINKEN-Expertin Köditz sieht Versäumnisse bei den sächsischen Behörden / Mögliche Verbindungen zur verbotenen Neonazi-Kameradschaft »Sturm 34«

  • Lesedauer: 3 Min.

Chemnitz. Die mutmaßlichen Rechtsterroristen der Gruppierung »Revolution Chemnitz« hätten nach Ansicht der LINKEN-Politikerin Kerstin Köditz viel früher auf dem Radar sächsischer Ermittler erscheinen müssen. Denn die Gruppe und ihre führenden Köpfe seien den Behörden schon länger bekannt, sagte die Landtagsabgeordnete am Dienstag in Dresden. Namentlich bezog sie sich auf Tom W., den Kopf der 2007 verbotenen Neonazi-Kameradschaft »Sturm 34« aus Mittweida bei Chemnitz. Die Rädelsführer hatten 2012 wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung und weiterer Straftaten Bewährungsstrafen von sechs Monaten bis zu zwei Jahren bekommen. Mindestens ein weiterer aktuell Beschuldigter soll laut Köditz zum Umfeld dieser Gruppe zählen.

»Die juristische Aufarbeitung wurde jahrelang verschleppt, auch Tom W. kam letztlich mit einer Bewährungsstrafe davon. Dabei fielen frühere Mitglieder weiter durch Straftaten auf, offenbar wurde sogar wegen des Verdachts der illegalen Fortführung der Gruppe ermittelt - jedoch ohne Ergebnis«, erklärte Köditz. Sie hatte in den vergangenen Jahren immer über »Kleine Anfragen« im Parlament mögliche Aktivitäten von »Sturm 34« erfragen wollen. »Die lapidare Antwort lautete jedes Mal: 'keine Erkenntnisse'«, sagte die Rechtsextremismusexpertin der LINKEN in Sachsen.

Nicht schon wieder Sachsen
Robert D. Meyer über eine weitere mögliche rechte Terrorgruppe

Köditz verwies darauf, dass »Revolution Chemnitz« schon 2013 mit einem eigenen Facebook-Profil in Erscheinung getreten sei. »Schon in der Frühphase der Gruppe wurde dort eine Grafik gepostet, offenbar ein Entwurf für ein Gruppenlogo. Im Hintergrund prangt groß die Zahl «34» - eine Anspielung auf «Sturm 34». Das muss auch dem Innenministerium aufgefallen sein«, betonte sie. Im Internetatlas 2014 des Landesamtes für Verfassungsschutz sei die betreffende Facebookseite ausdrücklich als neonazistisches Internetangebot aus Chemnitz erwähnt.

Am Montag waren in Sachsen und Bayern sieben mutmaßliche Mitglieder der Gruppierung festgenommen worden, ein weiteres saß bereits in Untersuchungshaft. Nach Angaben der Bundesanwaltschaft sollen die Deutschen sich »spätestens am 11. September 2018« zur »Revolution Chemnitz« zusammengeschlossen haben. Laut einem Medienbericht wollten sie mehr Terror verbreiten als der Nationalsozialistische Untergrund (NSU).

Das Szenario ist bekannt
Die ungenügende Aufarbeitung des »einzigartigen« NSU-Phänomens rächt sich gerade in Sachsen

Köditz betonte: »Offenbar spannen die «Revolution»-Drahtzieher frühzeitig Kontakte zu weiteren militanten Gruppierungen. So verwendete die 2014 verbotene Kameradschaft «Nationale Sozialisten Chemnitz» (NSC), die unter anderem Schießübungen durchführte, das Facebookprofil von «Revolution Chemnitz» als Propagandakanal.« Frühere NSC-Mitglieder seien zuletzt auch bei Protesten in Chemnitz in Erscheinung getreten. Zu mehreren früheren NSC-Anhängern lägen Hinweise auf Verbindungen zum NSU vor.

»Es ist mir auch deshalb völlig unverständlich, warum «Revolution Chemnitz» erst jetzt ins Visier sächsischer Ermittler geriet. Gut, dass sich jetzt Bundesbehörden kümmern«, schlussfolgerte Köditz. dpa/nd

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