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Touristen am laufenden Band

Modernisierung bayerischer Seilbahnen in der Kritik

  • Isabella Hafner, Oberstdorf
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Seilbahnen und Lifte in den bayerischen Alpen haben meist schon einige Jahrzehnte ihren Dienst getan. Seit einiger Zeit werden viele Bahnen modernisiert, meist sogar komplett ausgetauscht. So ist Ende 2017 an der Zugspitze eine fast 50 Millionen Euro teure Seilbahn in Betrieb gegangen, die mit einer einzigen Stütze den Höhenunterschied von nahezu zwei Kilometern zwischen Tal- und Bergstation überwindet. Auch am Ifen im Kleinwalsertal wurden rund 40 Millionen Euro in die neue Bergbahn-Infrastruktur investiert.

Umweltschützer kritisieren solche Projekte. »Unter dem Credo der Wettbewerbsfähigkeit droht der Naturschutz in den Alpen unter die Räder zu kommen«, warnt der Bund Naturschutz in Bayern (BN). Er verweist auf bergspezifische Probleme wie Muren, Lawinen und Gletscherschmelze, die oft auf eine Störung des Ökosystems zurückzuführen seien. Nun stehen auch in Oberstdorf große Bauarbeiten an. Dort soll bis 2022 das Skigebiet Söllereck neue Lifte bekommen. Ein mehr als 40 Jahre alter Schlepper wird durch einen Sechser-Sessellift ersetzt, hinzu kommen zwei neue Vierer-Sessel. Das Prestigeprojekt entsteht gleich nebenan: eine Zehn-Personen-Bahn aufs Nebelhorn. Die 35 Kabinen können künftig 1200 Gäste pro Stunde 1400 Meter weit nach oben bringen, in das mit 2224 Metern höchste Skigebiet im Allgäu. Das sind doppelt so viele Personen wie bisher, im Schnitt alle drei Sekunden ein Gast. Bisher verkehrten drei Pendelbahnen, in deren Kabinen je 60 Personen Platz fanden - Stehplätze. In Zukunft dürfen die Gäste sitzen.

»Die bisherige Bahn ist rund 40 Jahre alt und technisch in Ordnung, aber die Leute erwarten mehr Komfort«, begründet Peter Schöttl, Vorstand der Nebelhorn AG, die Investitionen. Die Passagiere wollten sich nicht mehr mit vielen Menschen in eine Kabine quetschen und sich dann noch darüber ärgern, dass das einzige Panorama der Hinterkopf des Nebenmannes sei. »Auch langes Warten soll ein Ende haben. Das war ein Problem zwischen 9.30 Uhr und 12.30 Uhr und abends für die Talfahrten.« Die Kabinen seien künftig zwar kleiner, aber träfen kontinuierlich an den Stationen ein. Etwa 40 Millionen Euro soll das Projekt kosten.

Bis zu 25 Prozent können für solche Bauvorhaben als Finanzspritze vom Seilbahnförderprojekt des Wirtschaftsministerium in München kommen. Das Programm unterstützt seit 2009 solche Projekte, 37 Bahnen wurden mittels der Subventionen bereits ersetzt oder erneuert. Nun profitieren beispielsweise auch die Berchtesgadener Jennerbahn, die Bahnen am Sudelfeld südlich des Schliersees oder in Nesselwang und Oberjoch im Allgäu davon.

Nach Angaben des Ministeriums werden durchschnittlich fünf Millionen Euro bei Modernisierungen von Bahnen investiert. Bayerns Regierung betrachtet die Bergbahnen als Jobmaschine. Naturschützer dagegen sehen Massentourismus in den Bergen grundsätzlich kritisch. BN-Alpenexperte Thomas Frey sagt, Seilbahnen und Straßen müssten gemeinsam gedacht werden. Die Urlauber müssten erst einmal in die Berge gebracht werden, dafür würden neue Straßen gebaut. »Sie suchen Ruheräume und schaffen überall Unruheräume.« dpa/nd

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