nd-aktuell.de / 06.10.2018 / Kultur / Seite 22

Nicht nur reden, etwas tun!

Von Hoffnungen, Illusionen und vier Versuchen, das Glück zu zwingen

Sie wurde als Tochter eines Bankkaufmanns geboren und wuchs zusammen mit drei Geschwistern in der Nähe von Magdeburg auf. Nach der Oberschulprüfung besuchte sie das Gymnasium, an dem sie sich mit einem ihrer Brüder für die deutsch-sowjetische Freundschaft einsetzte. Im Verlauf ihrer Schulzeit erkrankte sie schwer und musste sechs Wochen auf einer Isolierstation zubringen. Schon damals fasste sie den Entschluss, Schriftstellerin zu werden.

Mit 17 gewann sie einen Ideenwettbewerb für Laienspiele an der Volksbühne. Wenig später wurden erste Laienspiele von ihr in Berlin gedruckt. Gern hätte sie Theaterwissenschaften studiert, doch wegen eines Unfalls musste sie davon Abstand nehmen. Nach einer kurzen pädagogischen Ausbildung unterrichtete sie an ihrer ehemaligen Schule, dann begann sie als freie Autorin zu arbeiten. Im gleichen Jahr heiratete sie einen Maschinenschlosser, wurde schwanger und erlitt eine Fehlgeburt. Daraufhin wollte sie sich das Leben nehmen. Aber ihr Suizidversuch scheiterte.

In den folgenden zwei Jahren veröffentlichte sie drei Erzählungen, von denen eine als Vorlage für ein Fernsehspiel diente. Sie schildert darin die Liebe einer jungen Bäuerin zu einem sowjetischen Kriegsgefangenen während des Zweiten Weltkriegs. In Würdigung ihres Schaffens wurde sie bereits mit 23 in den Deutschen Schriftstellerverband aufgenommen und später sogar in den Vorstand gewählt.

Nach der Scheidung von ihrem ersten Mann heiratete sie einen Schriftstellerkollegen und zog mit ihm nach Hoyerswerda, um dort unmittelbar etwas für den Aufbau des Sozialismus zu tun. Im Kombinat Schwarze Pumpe arbeitete sie in einer Rohrlegerbrigade und leitete einen Zirkel Schreibender Arbeiter - ganz im Sinne des Bitterfelder Wegs, dem sie sich seinerzeit ebenso verpflichtet fühlte wie dem Sozialistischen Realismus. Sie verfasste mehrere Erzählungen in dieser Stilrichtung und erhielt den Literaturpreis des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes. Ihre zweite Ehe war zu dieser Zeit bereits zerrüttet. Sie ließ sich scheiden und heiratete wenig später erneut, einen ehemaligen Philosophiestudenten, der zweimal aus der Partei geflogen war. Über ihn schrieb sie: »Ein schrecklicher Mensch. Wir hatten sofort eine ›Antenne‹ füreinander. Wir stritten uns erbittert: Gefühl gegen Verstand.« Aber auch diese Ehe hielt nicht. Als er sie betrog und verließ, war die nächste Scheidung unvermeidbar. Immer öfter spielte sie mit dem Gedanken, aus Hoyerswerda wegzugehen, denn mit ihrer Kritik am Ausbau des Zentrums der Stadt hatte sie sich zahlreiche Feinde unter den Funktionären gemacht. Überdies weigerte sie sich, eine zustimmende Erklärung des Schriftstellerverbands zum Einmarsch der Warschauer-Pakt-Truppen in die CSSR zu unterzeichnen.

Im Alter von 35 Jahren wurde bei ihr Krebs diagnostiziert. Eine Operation sowie eine nachfolgende Chemotherapie brachten nicht den gewünschten Erfolg. Dennoch schrieb sie weiter, rauchte, trank und stürzte sich in Affären. Auch ihren Glauben an die DDR gab sie nicht auf. »Ein interessantes Land, trotz allem, und es lohnt sich wieder, sich zu schlagen: für das, was wir uns einmal unter Sozialismus vorgestellt haben«, teilte sie ihrem Bruder mit. In Neubrandenburg, wo sie zuletzt lebte, heiratete sie ein viertes Mal, einen Arzt, der ihr endlich Geborgenheit schenkte. Obwohl sie häufig unter starken Schmerzen litt, arbeitete sie wie besessen an einem Roman, in den sie viele eigene Erfahrungen einfließen ließ. »Das Buch muss fertig werden«, notierte sie, »es enthält wenigstens eine Spur dessen, was ich zu sagen habe.« Doch ihr Wunsch ging nicht in Erfüllung, ihr großes Werk blieb unvollendet. Denn ihr Gesundheitszustand hatte sich trotz einer erneuten Operation rapide verschlechtert. Die letzten Tage ihres Lebens verbrachte sie in einem Berliner Krankenhaus, in dem sie mit 39 Jahren starb. Wer war’s?