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Sparen per Roboter? Auch eine Kostenfrage

Internet-Finanzdienstleister

  • Hermannus Pfeiffer
  • Lesedauer: 4 Min.

Obwohl das Internet nicht ganz neu ist, wird von Unternehmen und Medien laufend der Hype um die Digitalisierung weiter geschürt. Mal ist es der 3D-Druck, der die Herstellung von Konsumprodukten bald in jedes Haus tragen soll; mal ist es der Verlust von Millionen Arbeitsplätzen, der durch die Automatisierung von Bürojobs droht. Und richtig populär ist aktuell die Begeisterung um Roboter, die mehr aus unserem Geld machen sollen (siehe auch nd-ratgeber vom 12. September 2018).

Die Zwei im Internet

Zwei Arten von Robotern tummeln sich auf dem Finanzmarkt im Internet, aktive und passive Robo-Advisor. »Aktive« Roboter sind jederzeit in der Lage, die Portfolios ihrer Kunden umzuschichten und auf aktuelle Entwicklungen auf den Finanzmärkten zu reagieren. Theoretisch könnten die Roboter also besser als der ganze »Markt« abschneiden. »Passive« Robo-Advisor halten dagegen still und hoffen darauf, dass die automatisiert ausgewählten Finanzprodukte in ihrem Segment besser als andere abschneiden.

Das Internetportal robo-advisor.de, eine Tochtergesellschaft der Evergreen Verlagsgesellschaft in Berlin, hat 23 Anbieter getestet. Nicht alle Anbieter sind danach so klug wie ihre Namen uns einreden. Und umsonst sind sie auch nicht.

Auf den Preis kommt es an

Ein wichtiges Verkaufsargument der Roboter-Vertreter ist der Preis. Viele Anbieter werben mit niedrigen Kosten, die günstiger seien, als wenn Verbraucher bei einer Bank oder Sparkasse selbst ihr Geld anlegen. Doch auch Robo-Advisor kassieren ab.

Sie geben die Ausgaben, die sie selber für die verwendeten Produkte zahlen (Fondsgebühren, laufende Kosten, Verwaltungskosten), an ihre Kunden weiter. Außerdem erheben sie Gebühren für die eigene Dienstleistung - schließlich wollen auch Roboterfirmen Gewinn machen. Die Kosten für diese Dienstleistung liegen zwischen 0,5 und 0,9 Prozent der Anlagesumme. Falls sich jüngere Sparer aus Sicherheitsgründen für ein Depot mit, sagen wir, Anleihen entscheiden, werden allein diese Kosten wohl alle Erträge auffressen.

Kein Robo-Advisor im Test investierte direkt in einzelne Titel. Alle Anbieter investierten in meistens passiv verwaltete Fonds. Die Kunden der Roboter-Firmen zahlen also immer bei zwei Anbietern: einerseits die Bank, welche die Produkte auflegt, anderseits den Robo-Advisor.

Verbraucher sind daher gut beraten, bei den Kosten ganz genau hinzuschauen. Oft ist die direkte Geldanlage günstiger, als wenn sie einen Roboter-Berater als Makler einschalten.

»Ist diese Strategie schlecht? Nein!«, behaupten die Roboter-Fans. Immerhin, gegenüber einer klassischen Vermögensverwaltung, die auf traditionelle Investmentfonds setzt, sind sie tatsächlich günstiger, weil weder einmalige Aufschläge von 3 bis 5 Prozent noch jährliche Verwaltungskosten von 1,5 bis 2 Prozent pro Jahr anfallen. Der Grund: Die Roboter setzen zwar ebenfalls (indirekt) auf Aktien und Anleihen, aber sie tun es über besonders kostengünstige Produkte (beispielsweise sogenannte ETF).

Und doch halte ich insgesamt wenig von Roboter-Anlagen. Sie legen das Geld der Sparer in Aktien und Anleihen an. Das muss nicht jeder mögen, schon aus politischen Gründen.

Gewiefte Sparer können auch ohne Roboter den Sack zumachen und persönlich auf Aktien und Anleihen wetten. Sie sparen dann die Gebühren für den Roboter-Berater (oder den Bankberater).

Roboter sind doof

Gleichzeitig ist die Form der automatisierten Geldanlage nur für wenige Sparziele geeignet. Sie wollen das Ersparte für ihre Kinder sichern? Oder einmal ein Eigenheim bauen? Ihnen sind ethische Ziele bei der Geldanlage wichtig?

In all diesen Fällen - und vielen mehr - werden Sie mit einem Robo-Investment nicht glücklich werden. Denn Roboter-Berater setzen nur auf einen minimalen Ausschnitt aus allen Möglichkeiten. Schließlich und endlich sind Roboter doof. Entscheidend ist daher dieser letzte Punkt: Roboter sind nur so gut, wie die Daten, mit denen Menschen sie füttern. Eine von Software unterstütze Zukunftsanalyse stößt an Grenzen: Risiken können zwar als Wahrscheinlichkeit kalkuliert, aber nicht verbindlich vorhergesagt werden. Darüber hinaus bleiben ungezählte »Ungewissheiten«, die die Finanzmärkte, Wirtschaft und Gesellschaft in ungeahnte Turbulenzen stürzen können, meint Jens Beckert in seinem aktuelle Buch (siehe unten).

Ist wirklich Verlass?

»Big Data« ist eben bloß das alte Wissen in neuem Gewand. Für begrenzte Fragestellungen kann das nützlich sein, für eine langfristige Geldanlage, für die private Altersvorsorge bedürfte es mehr. Auf das Urteilsvermögen derer, welche die Algorithmen schreiben, wollen Sie sich in einem eigenen Fall sicherlich nicht wirklich verlassen ...

Jens Beckert: Imaginierte Zukunft - Fiktionale Erwartungen und die Dynamik des Kapitalismus. Suhrkamp Verlag, Berlin 2018, 569 Seiten, Preis: 42 Euro, ISBN 978-3-518-58717-1

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