Jodl-Grab auf Chiemsee-Insel wird umgestaltet

Bayern: Gemeinde kann Beseitigung nicht durchsetzen, der Name des Kriegsverbrechers soll aber verdeckt werden

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Breitbrunn. Die umstrittene Grabstätte des verurteilten NS-Kriegsverbrechers Alfred Jodl auf der Fraueninsel im oberbayerischen Chiemsee soll in veränderter Form erhalten bleiben. Die Gemeinde schloss am Montag einen gerichtlichen Vergleich mit dem derzeitigen Inhaber der Grabstätte, dem Großneffen von Jodls zweiter Frau.

Der als Nazi-Kriegsverbrecher nach den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen hingerichtete frühere Wehrmachtsoffizier ist nicht selbst auf der Fraueninsel bestattet, seine Asche wurde verstreut. Allerdings erinnert ein auffälliges Grabkreuz mit seinem Namen, seinen Lebensdaten und seinem militärischen Rang sowie einem eingravierten Eisernen Kreuz an ihn. Beerdigt sind in dem Grab unter anderem Jodls beide Ehefrauen.

Vor dem Vergleich hatte eine Kammer des Verwaltungsgerichts München nach einem Ortstermin auf der Fraueninsel angedeutet, dass die Gemeinde in dem Rechtsstreit um eine Verlängerung des Nutzungsrechtes für die Familiengrabstätte wohl unterliegen werde. Die Kommune wollte das Grab auflösen und berief sich auf Platzmangel auf dem kleinen Inselfriedhof. Bei aktuell 14 freien Grabstellen gebe es jedoch keinen »akuten Platzbedarf«, beschied das Gericht. Nach dem Vergleich, der erst nach einem zustimmenden Beschluss des Chiemseer Gemeinderates wirksam werden soll, verpflichtet sich die Gemeinde, das auslaufende Nutzungsrecht für die Grabstätte um bis zu zwanzig Jahre zu verlängern. Im Gegenzug soll Alfred Jodls Name auf dem Grabstein von der Familie mit einer Platte verdeckt werden, die nur noch die Inschrift »Familie Jodl« trägt. Außerdem sagte der Großneffe und Kläger zu, in dem Grab keine weiteren Familienangehörigen bestatten zu lassen.

Das Grab war Schauplatz einer Kunstaktion des Münchner Aktionskünstlers Wolfram Kastner, der unter anderem mit einem Hinweisschild mit der Aufschrift »Keine Ehre für Kriegsverbrecher« gegen die Gedenkstätte protestiert hatte. Auch eine Gruppe Neonazis hatte sich einmal vor dem Grab postiert und das Foto im Internet verbreitet. Die Gemeinde wollte mit der Nichtverlängerung des Nutzungsrechtes weiteren Aktionen offenbar einen Riegel vorschieben.

Das Gericht befand, dass diese widerrechtlichen Störungen der Friedhofsruhe zivilrechtlich bereits geahndet worden seien. Sie seien auch nicht so gravierend gewesen, dass dem Kläger deswegen eine Verlängerung des Nutzungsrechtes für die Jodl-Grabstätte versagt werden könne. dpa/nd

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