Anteilige Herabsetzung des Flugpreises

Fluggastrechte

  • Lesedauer: 4 Min.

Allerdings können Reisende diesen Anspruch nicht zusätzlich geltend machen, wenn ihnen die Fluggesellschaft aus anderen Gründen den gesamten Ticketpreis ersetzen muss. Dies hat das Landgericht Landshut (Az. 41 O 2511/16) entschieden.

Wieder Streiks bei Ryanair und 250 Flugausfälle

Ende September streikten bei der Billig-Fluggesellschaft Ryanair wieder Piloten und Flugbegleiter, weshalb mindesten 250 Flüge ausfielen. Was steht Betroffenen zu?

Hinsichtlich von Ausgleichszahlungen ist die Rechtslage noch nicht eindeutig. Der Bundesgerichtshof hat für Streiks bisher eine Ausnahme gemacht - die Airline müsste also nicht zahlen (BGH-Urteil vom 21. August 2012, Az. X ZR 146/11). Es ist aber möglich, dass der Europäische Gerichtshof diese Entscheidung für reguläre Streiks kippt. Bisher hat der EuGH entschieden, dass die Airline zahlen muss, wenn ihr Personal in »wilde Streiks« tritt, sich also viele Angestellte krank melden (EuGH-Urteil vom 17. April 2018, Az. C-195/17). Die Urteilsbegründung lässt den Schluss zu, dass das eventuell auch für reguläre Streiks zutrifft. Ändert sich die bisherige Rechtsprechung tatsächlich, dann könnten Sie neben der Ersatzbeförderung, Betreuungsleistungen und Transfers auch noch eine Ausgleichszahlung verlangen. In einer aktuellen Entscheidung (BGH-Urteil vom 4. September 2018, Az. X ZR 111/17) hat der BGH ebenfalls erkennen lassen, dass er bei manchem Streik die Airlines nach EU-Recht dennoch in der Verantwortung sieht.

Für die Ausgleichszahlung läuft die allgemeine Verjährungsfrist nach drei Jahren ab Ende des Jahres, in dem der Flug stattfinden sollte, ab. Bei Pauschalreisen steht der Veranstalter für Kosten und Ersatz (Verpflegung, Unterkunft, Taxifahrten und Telefonate etc.) ein. Bei langen Verspätungen können Sie den Reisepreis mindern: ab fünf Stunden Verspätung pro Stunde 5 Prozent des Tagespreises. Lohnt sich durch den Flugausfall beispielsweise die Kurzreise nicht mehr, können Sie den Urlaub stornieren. nd

Die EU-Verordnung über Fluggastrechte gewährt Flugreisenden bei großen Verspätungen, Flugannullierungen und Nichtbeförderung einen Ausgleichsanspruch gegen die Fluggesellschaft. Aber auch bei einer wegen Überbuchung erfolgten Herabstufung der Ticketklasse haben Reisende Ansprüche auf Vergünstigung des Ticketpreises: Bei Flügen bis 1500 km um 30 Prozent, bis 3500 km um 50 Prozent, bei allen weiteren Flügen um 75 Prozent.

Der Fall: Eine Familie buchte Flüge in die Dominikanische Republik und zurück. Das Hotel buchte sie gesondert. Die Fluggesellschaft teilte vor Abflug mit, dass eine andere Airline den Flug durchführe. Wie sich herausstellte, war die gebuchte Klasse »Premium Economy« in der entsprechenden Maschine überbucht. Die Airline wollte die Familie in die einfache Economy-Klasse umbuchen. Daraufhin trat sie am Abflugtag vom Flugbeförderungsvertrag zurück und stornierte auch das Hotel.

Aufgrund der Last-Minute-Stornierung musste sie die gebuchten Leistungen jedoch voll bezahlen: Für die Flüge fielen Kosten über 3300 Euro an, für das Hotel 7600 Euro. Daraufhin verlangte die Familie den Gesamtbetrag als Schadenersatz von der Fluggesellschaft und forderte eine Entschädigung wegen Nichtbeförderung nach der EU-Fluggastrechteverordnung.

Das Urteil: Das Gericht gestand der Familie zwar den Schadenersatz für die Ticket- und Hotelkosten zu, nicht aber die Entschädigung nach der EU-Verordnung. Es erklärte dazu, dass die Fluggesellschaft vertraglich verpflichtet gewesen sei, die Familie in der »Premium-Economy-Class« zu befördern. Alles andere sei keine vertragsgemäße Leistung.

Ein Downgrading (Herabstufung) stelle keinen Fall der Nichtbeförderung im Sinne der EU-Fluggastrechte-Verordnung dar. Der § 10 Abs. 2 enthalte eine besondere Regelung zum Downgrading, nach der Fluggäste einen anteiligen Anspruch auf Reduzierung des Ticketpreises hätten. Danach wären beim Flug in die Dominikanische Republik 75 Prozent des Flugpreises zu erstatten gewesen. Ein solcher Anspruch scheide in diesem konkreten Fall aber aus, weil die Fluggesellschaft sowieso den gesamten Flugpreis ersetzen muss. D.A.S./nd

Flugverspätung wegen Nägeln im Reifen

Verspätet sich der Rückflug aus dem Urlaub um mehr als drei Stunden, weil das Flugzeug wegen Nägeln im Reifen einen Platten hat, können Fluggäste eine Entschädigung verlangen. Fremdkörper auf der Start- und Landebahn sind kein »außergewöhnlicher Umstand«, für den die Airline nicht haftet.

So urteilte das Amtsgericht Hannover (Az. 462 C 3790/17). Die EU-Fluggastrechteverordnung gewährt Flugreisenden bei Verspätungen von mehr als drei Stunden einen Anspruch auf Entschädigung gegen die Fluggesellschaft. Die Höhe des Anspruches ist nach der Flugstrecke gestaffelt. Eine Ausnahme gilt allerdings, wenn ein »außergewöhnlicher Umstand« vorliegt, auf den die Fluggesellschaft keinerlei Einfluss hat.

Der Fall: Ein Ehepaar wollte aus dem Urlaub auf Teneriffa wieder nach Hause fliegen. Es kam aber mit über 18 Stunden Verspätung am Flughafen Hannover an. Der Grund: Bei der Vorflugkontrolle auf Teneriffa hatte der Pilot Nägel in einem der Flugzeugreifen entdeckt. Ein Reifenwechsel war unvermeidlich. Da auf Teneriffa kein Reifen vorrätig war und Flugzeuge kein Reserverad haben, musste die Fluggesellschaft den Reifen erst aus Deutschland einfliegen. Die Fluggäste forderten von der Fluggesellschaft eine Entschädigung wegen der Verspätung. Die Airline berief sich auf »außergewöhnliche« Umstände.

Das Urteil: Das Amtsgericht gestand den Fluggästen eine Entschädigung von insgesamt 800 Euro zu. Nur bei Vorliegen eines »außergewöhnlichen Umstandes« außerhalb ihres Einflussbereiches könne die Fluggesellschaft die Zahlung verweigern. Die Benutzung von Start- und Landebahnen sowie Stellflächen auf Flugplätzen und die mit der Nutzung solcher Flächen verbundenen Probleme gehörten aber zum Tagesgeschäft jeder Fluggesellschaft. Dass sich auf diesen Flächen metallene Fremdkörper befinden könnten, die die Reifen beschädigten, sei kein außergewöhnlicher Umstand. Darauf müsse sich die Airline einstellen. D.A.S./nd

Airlines müssen bei Flugstreichung auch Provision erstatten

Bei Flugstreichungen müssen Airlines ihren Kunden den komplett bezahlten Preis samt Vermittlungsgebühren von Dritten erstatten, wenn sie von dieser Provision wussten. Sie müssen für die Differenz zwischen dem vom Fluggast bezahlten Ticketpreis und dem tatsächlich erhaltenen Betrag aufkommen.

So der Europäische Gerichtshof (Az. C-601/17), der mit dieser Auslegung der EU-Fluggastrechteverordnung hohen Schutz für Reisende gewährleistet.

Der Fall: Eine Familie hatte über das Online-Portal Opodo für 1108 Euro Flüge gebucht. Nachdem ihre Verbindung von Hamburg nach Faro (Portugal) gestrichen wurde, wollte die spanische Airline Vueling nur jenen Betrag zurückzuzahlen, den sie erhalten hatte - nicht aber die Gebühr von 77 Euro, die Opodo als Vermittler kassiert hatte.

Das Urteil: Der EuGH stellte fest, dass die komplette Erstattungssumme laut EU-Fluggastrechteverordnung auch die Vermittlungsgebühren an Dritte beinhaltet. Ob Vueling im vorliegenden Fall aber von der Provision wusste, war nicht Gegenstand der Verhandlung. Das müsse nunmehr das Amtsgericht Hamburg prüfen. dpa/nd

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal