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  • Beobachtung durch Verfassungschutz

Gutachten warnt AfD-Politiker vor rassistischen Parolen

Rechtswissenschaftler Murswiek empfiehlt Parteimitgliedern Pauschalisierungen wie »Flüchtlinge sind kriminell« oder »Altparteien sind korrupt« zu vermeiden.

  • Lesedauer: 2 Min.

Berlin. Ein von der AfD bestellter Gutachter hat der Partei empfohlen, Pauschalurteile wie »Flüchtlinge sind kriminell« oder »Altparteien sind korrupt«, die bestimmte Gruppen herabwürdigen, zu vermeiden, da diese Anhaltspunkte für eine Beobachtung durch den Verfassungsschutz liefern könnten. In den Auszügen aus dem Gutachten des Rechtswissenschaftlers Dietrich Murswiek steht in einer Liste mit »Handlungsempfehlungen« außerdem: »Die Vermeidung von 'extremistischen Reizwörtern' wie 'Umvolkung', 'Überfremdung', 'Volkstod' oder 'Umerziehung'«. Weiter heißt es: »Unbedingt notwendig ist es, folgende Äußerungen und Verhaltensweisen zu unterlassen: pauschale Diffamierungen oder Herabwürdigungen von Ausländern/Immigranten/Flüchtlingen/Muslimen.«

Die Zusammenfassung des Gutachtens hatte der AfD-Bundestagsabgeordnete Roland Hartwig erstellt. Der ehemalige Chefjustiziar eines Pharmakonzerns leitet eine vom Parteivorstand eingesetzte Arbeitsgruppe zum Verfassungsschutz. Sie soll Vorkehrungen gegen eine mögliche Beobachtung der Partei durch den Geheimdienst treffen.

Der Staatsrechtler Joachim Wieland bezeichnete das Gutachten als »klassisches Eigentor«. »Selbst wenn die AfD dem Ratschlag des Gutachtens folgt und auf die verfassungsrechtlich zu beanstandenden Verhaltensweisen zukünftig verzichten würde - was schwer vorstellbar ist, da sie das Erscheinungsbild der Partei in der Öffentlichkeit prägen -, bietet das bisherige Verhalten nach dem Gutachten einen hinreichenden Grund für die Beobachtung«, sagte der Professor von der Verwaltungshochschule in Speyer dem »Handelsblatt«.

Ähnlich äußerte sich der Göttinger Staatsrechtler Hans-Michael Heinig. »Auffällig ist, dass sich breite Kreise in der Partei einer Sprache bedienen, wie sie für die verfassungsfeindlichen Kräfte der Weimarer Republik und die rechtsextremistischen Szenen in der Bundesrepublik typisch sind«, so Heinig. Aufgrund der »tatsächlichen Querverbindungen zwischen AfD und Rechtsextremismus«, sei es - anders als das Gutachten nahelege - mit einer bloß »rhetorischen «Abrüstung» nicht getan«.

Die niedersächsische AfD hatte ihren Mitgliedern diese Woche bereits Anweisungen gegeben, wie sie eine Beobachtung der Partei vermeiden können. Die Verfassungsschutzämter in Bremen und Niedersachsen hatten vor einigen Wochen entschieden, die Jugendorganisationen der Rechtspartei dort zu beobachten. Der bayerische Verfassungsschutz beobachtet aktuell auch drei Landtagsabgeordnete der AfD. Thüringens Verfassungsschutz prüft derzeit, ob er die AfD oder Teile der Partei wegen möglicher verfassungsfeindlicher Tendenzen unter Beobachtung nimmt.

Rund 1.000 Mitglieder der Rechtspartei haben in den vergangenen Tagen einen »Stuttgarter Aufruf« unterzeichnet, der eine »Verunsicherung der Mitglieder« durch »zahlreiche Ordnungs- und Auschlussverfahren«, die bereits eingeleitet oder in Vorbereitung seien, beklagt. In dem Aufruf heißt es außerdem: »Wir widersetzen uns allen Denk- und Sprechverboten innerhalb der Partei«. dpa/nd

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