Habeck: Hartz IV ist auf Demütigung ausgerichtet

Grünen-Vorsitzender beharrt auf Reform für Langzeitarbeitslose / DGB lehnt Vorschläge ab

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Frankfurt am Main. Der Grünen-Vorsitzende Robert Habeck hat seine Plänen für eine Abschaffung des bestehenden Hartz-IV-Systems verteidigt. Es handele sich um «ein Zukunftskonzept für eine verunsicherte Gesellschaft, die durch den Wandel der Arbeitswelt noch unsicherer wird», sagte Habeck der «Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung». Auf ein erschüttertes Grundvertrauen müsse der Sozialstaat mit einem Garantieversprechen antworten.

Das Konzept des Parteichefs sieht vor, auf den Zwang zur Arbeitsaufnahme künftig zu verzichten und statt dessen durch mehr Zuverdienst positive Anreize zu schaffen. Außerdem sollen Arbeitslose demnach einen größeren Teil ihres Vermögens behalten können. «Der Staat sollte Menschen nicht auf Teufel komm raus zur Arbeit zwingen wollen», erklärte Habeck. Das bisherige System sei «auf Demütigung ausgerichtet», der Bezug von Hartz IV gelte daher als Stigma.

Unterstützung für das Vorhaben, Hartz IV zu kippen, kam vom Paritätischen Wohlfahrtsverband. Die Grundsicherung müsse vom Hilfebedürftigen aus gedacht werden und dürfe sich nicht vom Gedanken leiten lasse, wie Missbrauch zu verhindern sei, erklärte der Sozialverband.

Bei den Gewerkschaften stoßen diese Pläne zur Hartz-IV-Reform dagegen auf Ablehnung. Arbeitslose nicht mehr zur Aufnahme von Arbeit zu bewegen, sei «keine gute Idee», sagte der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB), Rainer Hoffmann, den Zeitungen der Funke Mediengruppe am Samstag. Die Grünen wollten eine staatliche Leistung ohne Bedingungen zahlen und ohne Perspektiven für den Arbeitsmarkt. «Das wollen die meisten gar nicht». Wir sollten die Menschen nicht ausmustern«, so Hoffmann. Arbeit sei mehr als Broterwerb und wichtig für den sozialen Zusammenhalt.

Hoffmann forderte stattdessen, die Hartz-IV-Leistungen zu erhöhen und Sanktionen abzumildern. Auch dürften Arbeitslose nicht schon nach einem Jahr in Hartz IV rutschen. LINKEN-Fraktionschef Dietmar Bartsch rief SPD und Grüne zu gemeinsamen Beratungen auf, wie das Hartz-IV-System durch ein besseres System abgelöst werden könne.

Zur Finanzierung des Konzepts sagte Habeck: »Anfangen könnte man schon mal, indem man konsequent Steuerschlupflöcher schließt.« Dadurch entgingen dem Staat bislang »satte zweistelllige Milliardenbeträge«. Zudem könnten die Ausgaben bei steigenden Löhnen deutlich geringer ausfallen, weil dann weniger Hilfszahlungen erforderlich seien.

Zuletzt hatte bereits die SPD-Vorsitzende Andrea Nahles angekündigt, ihre Partei wolle Hartz IV überwinden und durch eine »Bürgergeld« ersetzen. Die Leistungen müssten klar und auskömmlich sein, Sanktionen müssten weitgehend entfallen. Auch aus der CDU gab es einzelne Stimmen für eine Reform des Systems. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sowie Vertreter der FDP lehnten wie der DGB die Vorschläge jedoch ab. Agenturen/nd

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