G8 in der Krise

  • Oskar Lafontaine
  • Lesedauer: 2 Min.
Falsche »Spielregeln« provozieren Proteste. Das Leitmotiv des diesjährigen G8-Gipfels, der unter deutscher Präsidentschaft ausgeübt wird, heißt »Wachstum und Verantwortung«. In einem gleichnamigen Papier sagt die Bundeskanzlerin, was sie darunter versteht: Es gilt, den Wettbewerb auf den globalen Märkten zu gewinnen. Was Globalisierung ist, weiß Angela Merkel auch: »Ich bin davon überzeugt: Der Prozess der Globalisierung ist ein Prozess der Liberalisierung.« Unter Verweis auf den Fußball legt die Bundesregierung die Spielregeln für eine erfolgreiche Teilnahme am Kampf um die niedrigsten Lohnkosten fest: »Spiele werden im Angriff und nicht in der Abwehr gewonnen.« Dass eben dieses »Spiel« weltweit Millionen von Menschen in Not und Armut stürzt, sieht die Bundeskanzlerin nicht. Im Unterschied zur Globalisierung hat der Fußball klare Regeln. Wer sie verletzt fliegt vom Platz. Im weltweiten Wettbewerb kann der, der hartnäckig foult, besonders erfolgreich sein. Das deutsche Lohndumping und die großen Exportüberschüsse sind hierfür ein Beispiel. Dass immer mehr Menschen gegen dieses System aufbegehren und mehr soziale Gerechtigkeit einfordern, ist ein gutes Zeichen. Dass sich die Staats- und Regierungschefs mit immer höheren Zäunen aus Stacheldraht dagegen abschirmen, ein schlechtes. Die wohl größte Krise der Gegenwart, der Irak-Krieg, ist durch die G8-Staaten hervorgerufen worden. Mit den USA, Großbritannien, Italien, Japan und Deutschland waren beziehungsweise sind fünf aus der »Gruppe der Acht« direkt oder indirekt am völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen den Irak beteiligt. Die Bundesregierung - wie ihre rot-grüne Vorgängerin - unterstützt die »Koalition der Willigen« im Irak, indem sie unter anderem Überflugrechte bewilligt und Flughäfen auf deutschem Territorium zur Verfügung stellt. Das Bundesverwaltungsgericht hat in einem Urteil bereits 2005 festgestellt, dass Deutschland damit das Völkerrecht verletzt. Darüber hinaus werden die Kampfhandlungen in Afghanistan durch die G8-Staaten unmittelbar oder mittelbar unterstützt. Will die Bundesregierung also wirklich Verantwortung übernehmen, wie sie es in ihrem Leitmotiv zum diesjährigen G8-Gipfel vorgibt, muss sie in Heiligendamm das eigene Handeln auf den Prüfstand stellen. Nicht das Postulat vom sogenannten freien Welthandel, den die G8 unter anderem durch Exportsubventionen für die Landwirtschaft konterkariert, darf dabei an erster Stelle stehen, sondern die Frage von Krieg und Frieden. Nur indem die G8-Staaten zuerst über sich selber richten, können sie das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger und der nicht beteiligten Staaten vielleicht zurückgewinnen. Der Autor ist einer der beiden Vorsitzenden der Linksfraktion im Bundestag.
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