WASG degradiert ihren Landeschef

Parteitag nominierte Christian Eicke überraschend für den Vizeposten in der neuen Linken

Die märkische Wahlalternative Arbeit & soziale Gerechtigkeit (WASG) verabschiedete sich am Sonnabend mit einer Überraschung. Der letzte Landesparteitag vor der geplanten Fusion mit der Linkspartei.PDS entschied in der wichtigsten Personalfrage am Nachmittag anders als erwartet. Stellvertretender Landesvorsitzender in der neuen Linken soll Christian Eicke werden, nicht der jetzige WASG-Landeschef Steffen Hultsch. Eicke setzte sich in einer Kampfabstimmung im Potsdamer Bürgerhaus Am Schlaatz mit 26 zu 16 Stimmen gegen Hultsch durch. Der 48-jährige Eicke stammt aus Niedersachsen und studierte in Bonn Rechtswissenschaften, Philosophie und Ostslawistik. 1992 trat er in den Dienst des Landes Brandenburg, arbeitete zunächst als Staatsanwalt in Frankfurt (Oder), danach von 1994 bis 1996 im Potsdamer Justizministerium. Nun ist er seit 1997 Richter am Landgericht in Cottbus. Bis zum Sommer 2005 gehörte Eicke der SPD an. Dann trat er wegen »unsozialer Innen- und militärorientierter Außenpolitik« der Sozialdemokratie zur WASG über. Eicke verkündete seine Kandidatur erst auf dem Parteitag. Damit düpierte er Hultsch, der zwar mit einem Gegenkandidaten gerechnet hatte, aber nicht damit, dass Eicke es sein würde. Hultsch sagte kurz vor der Abstimmung, er würde eine Niederlage zwar als ärgerlich empfinden, sie aber »mit der gewohnten Gelassenheit« aufnehmen. Dann rang er aber doch ein wenig mit der Fassung und wirkte sogar den Tränen nah. Der Linkspartei-Landeschef Thomas Nord nahm Hultsch aufmunternd in die Arme. Ein Trostpflaster für Hultsch bildete seine Nominierung für einen einfachen Sitz im Landesvorstand der neuen Linken. Um diesen einen Sitz hatten sich neun Männer beworben. Auf der Frauenliste standen fünf Namen. Nominiert sind jetzt die Kindergärtnerin Dagmar Lorenz und die Bauingenieurin Petra Wirth. Linkspartei-Landeschef Nord äußerte die Überzeugung, dass der Vereinigungsparteitag am 8. September in Brandenburg/Havel die von der WASG Vorgeschlagenen auch wirklich wie vereinbart in die Vorstandsämter wählt. Nord bedankte sich bei Hultsch ausdrücklich für die gute Zusammenarbeit. Eicke nannte er einen »sehr aktiven« Mann, den er ebenfalls gut kenne. Ein Hindernis für die anvisierte Fusion ist die Nominierung von Eicke nicht. Politische Differenzen zwischen ihm und Hultsch sind nicht auszumachen. Diesen Eindruck bestätigen beide. Eicke sieht bei WASG und Linkspartei eine Übereinstimmung in den wesentlichen Zielen. Beide Parteien seien beispielsweise gegen Auslandseinsätze der Bundeswehr und für die Abschaffung von Hartz IV. Die innerparteiliche Demokratie sei aber in der WASG besser entwickelt, sagte Eicke. Dass Entscheidungen nicht einfach von oben gefällt werden, dafür möchte er sich als stellvertretender Landesvorsitzender der neuen Linken einsetzen. Seinen Sieg gegen Hultsch erklärte er so: »Ich war der Kompromiss-Kandidat all jener, die Steffen Hultsch nicht wollten.« Die Delegierten beschlossen am Sonnabend auch, dass es in der neuen Linken eine Arbeitsgemeinschaft Arbeit & soziale Gerechtigkeit geben soll. Mit der Parteifusion kommt die einstige PDS-Kreisvorsitzende von Ostprignitz-Ruppin, Marita Lemke, zurück zu den Genossen. Die Kreistagsabgeordnete und Neuruppiner Stadtverordnete trat vor drei Jahren aus der PDS aus, weil es ihr nach eigenem Bekenntnis an Basisdemokratie fehlte. Später trat sie in die WASG ein. »Inzwischen haben wir in der Stadtfraktionen wieder zusammengefunden«, erklärte Lemke. Die Kreistagsfraktion hatte sie trotz des Parteiaustritts gar nicht erst verlassen. Lemke hofft, dass es in der neuen Linken mit der Basisdemokratie besser laufen wird.
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