nd-aktuell.de / 01.12.2018 / Kommentare / Seite 8

Vom toten Pferd absteigen

Ulrich Maurer glaubt nicht an einen SPD-Linksruck

Ulrich Maurer

Wer bemerkt, dass er ein totes Pferd reitet, sollte absteigen. Dieser alten Weisheit der Ureinwohner Nordamerikas folgend hat Marko Bülow die SPD verlassen. Er hat die Hoffnung aufgegeben, diese Partei verändern zu können - und das zurecht.

Diese auf 14 Prozent geschrumpfte Partei hat selbst aus einer ganzen Serie katastrophaler Wahlniederlagen nichts gelernt. Sie ist immer noch für Kriegseinsätze im Ausland, sie betreibt im Bündnis mit CDU/CSU die neoliberale Agenda in der Wirtschafts- und Finanzpolitik unbeirrt weiter und sie klammert sich auf Gedeih und Verderb an das bisschen Regierungsmacht als Juniorpartner der Union. Das derzeitige Froschkonzert zum Thema Hartz IV, das von Parteichefin Nahles über Bundesfinanzminister Scholz bis zum niedersächsischen Ministerpräsidenten Weil veranstaltet wird, verrät nur eines: Die Macht des rechten Pateiflügels und der Schröder-Epigonen ist ungebrochen. Beim ganzen Rest herrscht Konzept- und Ziellosigkeit.

Das einzige Band der Einigkeit in der SPD-Führung ist das Festhalten an der GroKo. Und dieses Bündnis wird auf Jahre hinaus die wohlfeile Ausrede dafür liefern, dass man leider, leider so viel Gutes vorhabe, aber halt noch nicht realisieren könne. Diese führende Funktionärsschicht macht ihre Partei mittlerweile zu einem Fluch für das ganze Land. Denn sie treibt viele Menschen ins politische Nirwana und in die Agonie. Sie raubt Hoffnung und verschleißt Kräfte, die eigentlich in einem sich zuspitzenden Verteilungskampf gegen die Herrschaft des globalen Finanzkapitals dringend gebraucht würden.

Heute geht es mehr denn je darum, Mut und Aufbruch zu organisieren, statt sich auf toten Pferden abzuquälen. Wer sich in der SPD verschleißt, fehlt auf der Straße, fehlt im Mieterkampf gegen die Wohnungsspekulanten, fehlt im Bündnis gegen die Carekrise, fehlt, wenn es darum geht, dem neuen Proletariat, das jetzt ja Prekariat heißen soll, eine Stimme zu geben. Man muss sich entscheiden: Entweder man ist mit den arbeitenden Armen im Gespräch und auf der Straße. Oder man vergeudet seine Zeit in Hinterzimmern und Palaverrunden mit der sozialdemokratischen Funktionärshierarchie. Bülow hat sich richtig entschieden.

Ulrich Maurer war bis 2005 Mitglied der SPD. Danach saß er für die Linkspartei im Bundestag.