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Der Grund gehört in Gemeineigentum

Christa Luft findet, dass der Bodenspekulation mit Vergesellschaftung von Land begegnet werden sollte

  • Christa Luft
  • Lesedauer: 3 Min.

In Großstädten und Ballungszentren explodieren die Mieten. Einkommensschwächere bangen um ihr Zuhause. Hauptübel ist die preistreibende Grundstücksspekulation. Erfahrungswerte besagen, dass etwa 80 Prozent des Wohnkostenanstiegs in den vergangenen Jahren nicht auf höhere Baukosten, sondern auf gestiegene Bodenpreise zurückgingen.

Galoppierend entwickeln sich nicht nur Baulandpreise, sondern auch die Kaufpreise für landwirtschaftliche Flächen. Diese sind allein zwischen 2010 und 2016 um über 88 Prozent gestiegen. Angeheizt wurde dieser Trend nach der Finanzmarktkrise durch die niedrigen Zinsen. Mangels anderer lukrativer Anlageobjekte kaufen Vermögende und Unternehmen Boden und treiben die Preise in die Höhe.

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In Mecklenburg-Vorpommern und anderen neuen Bundesländern erwarben sogenannte Tiefladerbauern aus Niedersachsen, Holland und anderen Gegenden große, vordem zu volkseigenen Gütern gehörende Ackerflächen, bestellen sie im Frühjahr mit eigenen Maschinen und ernten im Herbst. Arbeitsplätze für ortsansässige Menschen entstehen dort nicht.

Auch Branchenfremde wie Versicherungen sind mit ihrer Nachfrage an der »Landnahme« beteiligt und heizen Boden- und Pachtpreise an. Ortsansässige Landwirte und Existenzgründer können die nicht bezahlen. Auch den traditionellen Agrargenossenschaften machen sie die Lebensgrundlage streitig. Bewirtschafteten diese 1999 mit 1,7 Millionen Hektar noch rund 30 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche in Ostdeutschland, so sind es aktuell nur noch 23 Prozent.

Die Explosion von Wohnungsmieten und der Ausverkauf ostdeutscher Agrarflächen an Spekulanten sind nur zwei Indizien dafür, dass dem politischen Umgang mit Grund und Boden in linker Gesellschaftsprogrammatik ein exklusiver Rang gebührt. Der Boden ist keine Ware wie jede andere. Er ist eine beschränkt verfügbare, nicht nach Bedarf vermehrbare, im Unterschied zu anderen knappen Naturgütern durch nichts ersetzbare Georessource. Er ist Lebens- und Arbeitsgrundlage aller Menschen und gehört dem Wesen nach in Gemeineigentum.

Vor 50 Jahren gab es in der alten Bundesrepublik einen Versuch, durch eine Reform des Bodenrechtes sozialen Kriterien Geltung zu verschaffen und dadurch auch die Spekulation einzudämmen. So hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 12. Januar 1967 ausgeführt: »Die Tatsache, dass der Grund und Boden unvermehrbar und unentbehrlich ist, verbietet es, seine Nutzung dem unübersehbaren Spiel der Kräfte und dem Belieben des Einzelnen vollständig zu überlassen: eine gerechte Rechts- und Gesellschaftsordnung zwingt vielmehr dazu, die Interessen der Allgemeinheit in weit stärkerem Maße zur Geltung zu bringen als bei anderen Vermögensgütern.« Der damalige Reformversuch ist gescheitert. Spätestens die deutsch-deutsche Vereinigung wäre eine Gelegenheit gewesen, daran anzuknüpfen und statt der Privatisierung volkseigenen Grund und Bodens zum Beispiel dessen Verpachtung zu dekretieren. Das aber war erneut politisch nicht gewollt.

Die Verhinderung weiterer Bodenprivatisierungen und eine schrittweise Rückführung privatisierter Flächen in Gemeineigentum sollte für die Linkspartei eines der großen politischen Themen der nächsten Jahre sein. Es wird eines längeren Atems bedürfen, ein Umsteuern zu erreichen. Ansätze wären ein Stopp der Privatisierung jener 250 000 Hektar ehemals volkseigener Acker- und Waldflächen, die sich noch in der Regie der Treuhandgesellschaft BVVG Grund und Boden befinden. Gemeinwohlorientierte Lösungen wären stattdessen Vergenossenschaftlichung, Kommunalisierung und Verpachtung. Auf Bundesebene wäre eine Verfassungsänderung erforderlich, die im ganzen Land den Verkauf von Liegenschaften der öffentlichen Hand generell unterbindet.

Anzustreben ist die Schaffung eines als Stiftung organisierten und vor künftiger Privatisierung geschützten gesellschaftlichen Bodenfonds auf Länderebene. In den sollten strategisch wichtige landeseigene Grundstücke eingehen sowie Flächen von erbenlosen Eigentümern oder Bewirtschaftern und Schenkungen. Eine gründliche konzeptionelle Vorarbeit unter Auswertung von Erfahrungen unter anderem Österreichs und der Schweiz ist ebenso nötig wie das öffentliche Werben für breite Zustimmung in der Gesellschaft.

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