Wenn Experten raten

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Kurz vor Weihnachten erreichte uns schlimme Kunde. Der sogenannte Digitalpakt ist gescheitert! Durch dieses Übereinkommen zwischen dem Bund und den Ländern sollten die Schulen Geld für die Ausstattung mit Tablets und den Anschluss ans Internet erhalten. Die Enttäuschung darüber wird nicht von allen Experten geteilt (Experten werden von den Medien gerne zitiert, denn nur dem Expertentum können wir blind vertrauen). Im Gegenteil: Sie sind sogar froh darüber, dass die Schulen ein Biotop analoger Existenz bleiben. Diese Experten verweisen auf Studien, die selbstverständlich von ihnen stammen und in denen sie herausgefunden haben wollen, dass die häufige Nutzung von digitalen Medien die Gehirne der Kinder verändere. Heranwachsende, die mehr als zwei Stunden am Tag digitale Medien nutzten, erreichten niedrigere Werte bei Denk- und Sprachtests, sagen die Experten. Gefährlich seien Smartphones und Tablets vor allem für Kleinkinder, denn die könnten Geschehnisse auf dem Bildschirm nicht auf die Realität übertragen; sie meinten gar, dass das, was sie auf dem Bildschirm sehen, etwas mit der Realität zu tun habe. Stattdessen, so empfiehlt die Zunft der Experten, sollten Kinder mehr analoge Texte lesen - Bücher zum Beispiel. Diese Erkenntnis gelte nicht nur für Kinder, wird betont. Auch bei Erwachsenen verändere sich das Gehirn durch das Lesen von Büchern derart, dass Informationen besser verarbeitet und gewichtet werden können. Wenn die Nutzung von digitalen Medien nicht zu vermeiden sei, dann sollten Eltern und anderes Lehrpersonal auf eine Nutzung der Geräte unter Aufsicht achten, raten die Experten.

Im 18. Jahrhundert mussten sich die Experten mit der Gefahr auseinandersetzen, die von Büchern ausging. Dem Lesen wurde eine verderbliche Wirkung auf den Menschen - insbesondere Kinder und Frauen - zugeschrieben. Statt zu lesen, sollten Kinder lieber lernen, Texte auswendig aufzusagen, rieten die Experten. Die einschlägige Literatur aus dieser Zeit verweist darauf, dass insbesondere das reichliche und anscheinend unbegrenzte Lesen von Romanen dem Denken schade. Als Gegenmaßnahme wurde eine Lektüre unter Aufsicht empfohlen. jam

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