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Massenhaft Daten geleakt

Von Lou Zucker und Aert van Riel

  • Lesedauer: 3 Min.

Unbekannte haben persönliche Daten und Dokumente von Hunderten deutschen Politikern, anderen Prominenten und Journalisten im Internet veröffentlicht. Wie das RBB Inforadio und die »Bild« am Freitag berichteten, waren auch private Chats und Kreditkarteninformationen einsehbar. Betroffen sind demnach Politiker aller im Bundestag vertretenen Parteien mit Ausnahme der AfD, also CDU/CSU, SPD, Grüne, LINKE und die FDP. Auch Angela Merkel ist von dem Datenraub betroffen. Unter anderem wurden eine Faxnummer, eine E-Mail-Adresse und mehrere Briefe der Kanzlerin veröffentlicht.

Die Bundesregierung prüft, ob es sich um einen Hackerangriff handelt. Man hält es nach dpa-Informationen auch für möglich, dass jemand, der durch seine Tätigkeit Zugang zu sensiblen Daten hat, diese online gestellt haben könnte. Das Bundesministerium für Sicherheit in der Informationstechnik schrieb auf Twitter, es prüfe »den Fall derzeit in enger Abstimmung mit den Behörden intensiv«. Das Nationale Cyber-Abwehrzentrum habe die zentrale Koordination übernommen. Das Regierungsnetz sei nach aktuellem Kenntnisstand nicht betroffen. Ein möglicher Angriffspunkt könnte das Netz des Bundestages sein.

Unter anderem wurden Daten von Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, geleakt, sowie von den Moderatoren Jan Böhmermann und Christian Ehring, von Schauspieler und Regisseur Til Schweiger, den Deutsch-Rappern Materia und Sido und der Band K.I.Z. Zu den betroffenen Journalisten gehören laut »Rheinische Post« insbesondere die Macher des öffentlich-rechtlichen Videoportals »Funk«, auf dem unter anderem Neonazi-Aussteiger und Kinder von Einwanderern über ihre Erfahrungen erzählen.

Markus Beckedahl, Gründer der Plattform Netzpolitik.org, forderte auf Twitter, Druck auf die Politik zu machen, »damit Datenschutz, Datensicherheit und digitale Verbraucherrechte endlich ernst genommen werden«. Die Onlineplattform setzt sich für digitale Freiheitsrechte ein.

Veröffentlicht wurden dem RBB zufolge Kontaktdaten wie Handynummern und Adressen. Auch sehr persönliche Daten wie abgelichtete Personalausweise, Briefe oder Rechnungen und parteiinterne Dokumente wie Bewerbungsschreiben für Parteitage, parteiinterne Kommunikation oder Adress- und Mitgliederlisten seien ins Internet gestellt worden.

Verbreitet wurden die Daten demnach bereits vor Weihnachten über Twitter in einer Art »Adventskalender«. Bemerkt worden sei dies aber erst am Donnerstagabend, berichtete der RBB. Der Account mit 17 000 Followern wurde inzwischen gesperrt. Wer die Daten gestohlen hat, ist noch unklar; ebenso, ob es sich um eine Einzelperson oder ein Netzwerk handelt. Die Angriffe liefen der »Bild« zufolge bis Ende Oktober 2018. Wann sie anfingen, ist nicht bekannt. Die betroffenen Parteien wurden demnach am Donnerstag informiert.

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Florian Post teilte der dpa mit, dass nicht alle ihn betreffenden Daten echt seien. »Es ist mindestens eine gefälschte Datei dabei. Die gehört mir nicht, sie wurde mir nie geschickt, und ich hab sie nicht gespeichert«, sagte Post. Sie werde aber in den Listen als seine Datei ausgewiesen. Andere Informationen seien echt; beispielsweise seien Kontoauszüge von ihm veröffentlicht worden. »Man fühlt sich ausgeliefert, ich bin ziemlich geschockt«, sagte Post. Er wolle sich von einem Anwalt über mögliche rechtliche Schritte beraten lassen.

Britta Haßelmann, Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, erklärte: »Wir erleben einen erneuten, sehr ernst zunehmenden Versuch, unsere Demokratie zu destabilisieren. Das genaue Ausmaß und die Hintergründe sind noch weitgehend unklar.« Die Grünen hätten immer wieder darauf aufmerksam gemacht, dass es um die IT-Sicherheit extrem schlecht stehe. »Nun ist es uns ergangen wie Millionen Menschen zuvor: Viele von uns sind Opfer eines umfangreichen Leaks geworden, bei dem nicht nur persönliche Daten von uns erbeutet wurden, sondern auch von Familienangehörigen und vielen anderen«, sagte Haßelmann.

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